Im Gespräch mit Michael Marcus Thurner über »Im Licht der blauen Sonne«, WEGA, Band 1

Cover Band 1 PERRY RHODAN-Miniserie WegaMichael Marcus Thurner
PERRY RHODAN
WEGA, Band 1
Im Licht der blauen Sonne

Science-Fiction, Heftroman, Hörbuch und E-Book, Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt, 18. März 2021, 64 Seiten, € 2,50, Titelbild: Dirk Schulz

 

Wieder einmal schreibt Michael Marcus Thurner die Exposés für eine Miniserie. WEGA erscheint vierzehntägig als Heftroman, als E-Book und als von Eins A Medien hergestelltes Hörbuch.

Textgrundlage für dieses Gespräch war die vorab veröffentlichte Leseprobe.

Alexandra Trinley: Michael, du bist der Exposéautor der aktuellen PERRY RHODAN-Miniserie WEGA. Der von dir verfasste Band 1 trägt den Titel »Im Licht der blauen Sonne«. Wie sieht das Wega-System aus?
Michael Marcus Thurner: Nun, so wie immer. Es gibt 42 Planeten. Manche sind bewohnt, manche kalte Eis- oder Gasriesen.

Alexandra Trinley: Wer lebt dort?
Michael Marcus Thurner: Prinzipiell die Ferronen, klar. Aber es gibt auch Welten, auf denen es einen starken Bevölkerungsanteil an Terranern und Angehörigen anderer Völker gibt. Das wird in der Miniserie auch thematisiert werden.

Alexandra Trinley: Nun hat das Wega-System in der Serie eine sehr lange Tradition: Es ist das erste fremde Sonnensystem, in das Perry Rhodan seinerzeit mit der GOOD HOPE vorstieß, dem Beiboot des vernichteten arkonidischen Forschungskreuzers, mit dem die Arkoniden Thora und Crest auf dem Erdmond strandeten. Du beziehst dich im Roman explizit auf diese Zeit. Du möchtest an die Anfänge anknüpfen?
Michael Marcus Thurner: Ja, klar. Es gibt da einige Dinge, über die ich mir Gedanken gemacht hab. Dinge, die dazumals nicht wichtig oder interessant genug waren. Auch für Perry nicht. Nun aber bekommen sie Signifikanz.

Alexandra Trinley: Wann hast du selbst die ersten Bände der Serie gelesen?
Michael Marcus Thurner: Als die vierte Auflage erschienen ist, irgendwann Ende der Siebziger. Und natürlich letztes Jahr nochmals, als Vorbereitung auf die Expo-Arbeit.

Alexandra Trinley: Was hat dein Thort von Ferrol mit dem damaligen Thort gemeinsam?
Michael Marcus Thurner: Nicht viel eigentlich. Das Amt ist sehr traditionsreich, das verbindet die Thorts miteinander. Aber sonst …

Alexandra Trinley: Und was sind die Unterschiede?
Michael Marcus Thurner: Mein Thort, Nactiel Ook, ist selbstbewusst und ehrgeizig. Er hat Pläne, die über das Wega-System hinausreichen. Er will sein Reich modernisieren, erneuern, in eine Zukunft mit mehr Bedeutung führen. Der »alte« Thort, dessen Name meines Wissens nach niemals genannt wurde, war ein Systemerhalter, über den wir nicht allzu viel erfahren haben.

Alexandra Trinley: Im Auftakt deines Romans besuchen Perry Rhodan und Reginald Bull Ferrol, um in Verhandlungen zu treten. Es geht um Milchstraßenpolitik, Ferrol steht am Rande eines Bürgerkriegs, der pompös auftretende Adjutant lehnt seinen Herrscher ab … empfindest du das als modernes PERRY RHODAN oder als klassisch?
Michael Marcus Thurner: Völker sind ja nie homogen. Es wird immer die eine oder die andere Strömung im Inneren geben. Erneuerer gegen Bewahrer – das ist ein uraltes Spiel mit Konflikten. Ob das jetzt ein modernes oder ein klassisches Szenario ist, darüber mach ich mir keine Gedanken.

Alexandra Trinley: Rhodan fliegt auf der MARCUS EVERSON. Ist der Name eine Anspielung?
Michael Marcus Thurner: Everson hatte eine gewisse Bedeutung in der Frühzeit der Dritten Macht. Ich fand es angemessen, ihm namentlich eine kleine Rolle zu geben.

Alexandra Trinley: Rhodan überlegt sich, dass seine Ankunft im Wega-System wie eine Zeitreise über 3500 Jahre ist, ein Ausflug in die eigene Vergangenheit, und erinnert sich an die Zeitgruft im Keller des alten Palastes, über die er weiterreiste. Kommt in der Miniserie eher eine Zeitreise auf uns zu oder ein Ausflug auf ferne Welten?
Michael Marcus Thurner: Wir werden fremde Welten kennenlernen, (scheinbar) altbekannte Planeten wieder besuchen, über die Erstbegegnung zwischen Terranern und Ferronen im Jahr 1975 sprechen – und womöglich auch eine Zeitreise machen. Da möchte ich mich noch nicht festlegen.

Alexandra Trinley: Reginald Bull wurde über die Jahrzehnte der Serie vom Platzhalter und »Ewigen Zweiten« zum terranischen Residenten, zum fähigen Politiker, der auf dem diplomatischen Parkett auch mal ausrutscht. Ook erwähnt »forsches Auftreten« und seine polternde, undiplomatische Art. Ist das nicht ein Widerspruch in sich, den du hier aufzufangen versuchst?
Michael Marcus Thurner: Ich habe Bully schwer im Verdacht, dass er oftmals nur eine Show abzieht. Er ruft Emotionen hervor. Man lacht über ihn, man ärgert sich über ihn. Ein Gegenüber ist unter diesen Voraussetzungen viel leichter bereit, sich selbst zu öffnen.

Alexandra Trinley: Gucky ist ebenfalls exakt der Mausbiber, den wir aus den Anfangstagen der Serie kennen: Er erinnert sich fröhlich daran, Bully fliegen zu lassen, macht schräge Reime und will Mohrrüben. Ist das für dich ein Kontrast zum späteren Gucky als Paradieb und zum Gucky der Schmerzensteleportation?
Michael Marcus Thurner: Gucky ist, was er ist: eine durch und durch optimistische Figur, die gerne Spaß hat. Die aber auch viele Narben abbekommen und düstere Seiten hat. Ich denke, wir werden im Laufe der Serie sehr viele Facetten seines Charakters gezeigt bekommen.

Alexandra Trinley: Du hast viel Aufmerksamkeit auf die Topographie gelegt. Der neue Palast mit federndem Boden, Säulen, Pilastern und Holoaufbauten, die Wachen in schneeweißen Uniformen mit Hellebarden, der Eindruck von Luftigkeit und Weite, der sich verringert, je weiter man sich vom freundlich auftretenden Herrscher entfernt … ist das Erzählfreude oder Indiz politischer Verhältnisse?
Michael Marcus Thurner: Ich wollte ein Bild erzeugen. Bauwerke stehen oft für etwas. In diesem Fall für den Bedeutungswandel der Ferronen, den der Thort herbeiführen will. Wenn man so will, ist der Neubau des Roten Palastes also auch eine politische Zurschaustellung, ja.

Alexandra Trinley: Wie hättest du den Palast in einem Fantasy-Roman gestaltet?
Michael Marcus Thurner: Schmutziger, verwinkelter, lebendiger, verspielter. Belebt von sonderbaren Gestalten. Ein Ort, an dem es brummt und summt. Ein Bauwerk, das niemand so richtig kennt und das unzählige Geheimnisse birgt.

Alexandra Trinley: Gucky fliegt telekinetisch zwischen Rhodan und Bully, es gibt einen mobilen Schwebekühlschrank, später geht es um einen Raum-Zeit-Riss – was bedeutet Fliegen für dich?
Michael Marcus Thurner: Fliegen ist eine Form von Fortbewegung für mich. Nicht mehr, nicht weniger.

Alexandra Trinley: Wer ist die Frau auf dem Titelbild?
Michael Marcus Thurner: Eine neue Protagonistin, mit der Rhodan viel zu tun haben wird.

Alexandra Trinley: Und das Schiff auf dem Titelbild?
Michael Marcus Thurner: Dessen Bild ist eigentlich symbolischer Natur; es steht für die MARCUS EVERSON.

Alexandra Trinley: Und das Licht in der Mitte?
Michael Marcus Thurner: Was wäre das Wega-System ohne sonderbare Effekte? Ein System, in dem ES lange Zeit aktiv war, ist nun mal … anders.

Alexandra Trinley: Womit wir wieder bei der Topographie sind. Deine Orte sind durchlöchert. In der Gegenwart des Thorts achtet man auf Reportersonden, Rhodan fürchtet Spionsonden und Nanofäden, die sich trotz der zur Schau getragenen Offenheit in ihr Quartier fädeln könnten. Wird die Miniserie eine Art Krimi?
Michael Marcus Thurner: Insofern ja, als viele Puzzleteile irgendwann einmal ein Gesamtbild ergeben sollen. Aber in erster Linie soll es eine abenteuerliche SF-Geschichte werden, in der Handlungsgegenwart und Vergangenheit der PERRY RHODAN-Serie eine Rolle spielen.

Alexandra Trinley: Dein Hyperphysiker – wie heißt er noch gleich?
Michael Marcus Thurner: Kilian Gavril?

Alexandra Trinley: Er befürchtet eine Perforation des Normalraums durch Hyperenergie, eine Verknüpfung der Raumebenen, durch die Hunderte von stecknadelgroßen Öffnungen entstehen. Eine außenstehende Beschussquelle könnte den Prozess verstärken. Müsste jemand, der so was kann, im Zwiebelschalenmodell der kosmischen Mächte höher stehen?
Michael Marcus Thurner: Hm. Ich denke, diese Frage wird im Rahmen der Miniserie beantwortet werden.

Alexandra Trinley: Die angemessenen hyperenergetischen Energiepeaks der Wega beunruhigen Rhodan nicht, da die Sonne, so wie unsere Heimatsonne Sol, von ES berührt wurde. Ist dies ein Indiz, dass ES in deiner Miniserie eine Rolle spielen wird?
Michael Marcus Thurner: Könnte sein, ja.

Alexandra Trinley: Gegenstände fremder Kulturen und anderer Kontinua werden durch die Übergänge von Raum und Zeit ins Wega-System gespült. Spontan erinnert mich das an eine Szene aus der ATLAN-Serie, keine Ahnung welcher Band. Da war so ein Häuptling, der in den Hyperraum greifen und von dort Treibgut wie zu Beispiel Beutetiere holen konnte. Haben die Ferronen eher Nutzen oder Schaden von ihrer Situation?
Michael Marcus Thurner: Ich sehe das ambivalent. Es wird sicherlich viel Schrott im Wega-System landen. Aber vielleicht auch Dinge, die höchst interessant für die Ferronen sind.

Alexandra Trinley: Du hast die Exposés zweier ATLAN-Miniserien geschrieben, und zwar von INTRAWELT und FLAMMENSTAUB. Das liegt anderthalb Jahrzehnte zurück. Hat sich die Machart der Miniserien seitdem geändert?
Michael Marcus Thurner: Ich schreibe die Exposés heutzutage bewusster und deutlich stärker an die Qualitäten der jeweiligen Autoren angepasst. Ganz einfach deswegen, weil ich die Kollegen besser kenne als jene dazumals.
Mir ist leider ein wenig Unbeschwertheit verlorengegangen, ich mach mir halt mehr Gedanken als früher.
Was auch wichtig ist: Die ATLAN-Miniserien waren losgelöst von der Haupthandlung der Erstauflage. Bei WEGA muss ich hingegen Rücksicht nehmen auf das, was in der Hauptserie geschieht.

Alexandra Trinley: Du hast oft verlauten lassen, du seist ungern Exposéautor. Worauf legst du beim Erstellen Wert?
Michael Marcus Thurner: Ich bin nicht ungern Exposéautor. Ich erfinde gerne Welten und Geschichten. Aber ich habe festgestellt, dass ich nicht der allerbeste Mann dafür bin. Ich trage tief in mir drin diese fürchterliche Wiener Schlampigkeit.
Wichtig bei Exposés ist mir, dass die Autoren gemäß ihren Stärken und Schwächen bestmöglich arbeiten können. Technisch orientierte Kollegen bekommen die Freiheiten, schöne Modelle eines neuen technischen Gimmicks zu erarbeiten. Solche, die mit Figuren gut umgehen können, bekommen die Gelegenheit dazu, indem ich persönliche und äußere Konflikte vorgebe. Autoren, die Action lieben, erhalten Duellsituationen, Kampfbilder, strategisches Wettmessen.

Alexandra Trinley: Ist deine Lieblingsfigur innerhalb dieser Miniserie schon aufgetreten?
Michael Marcus Thurner: Meine Lieblingsfigur erscheint bereits in Band 1, ja. Allerdings vermute ich, dass der Liebling der Leser in Band 4 seinen ersten Auftritt bekommt.

Alexandra Trinley: Der Adjutant nennt sich Pirlik, Borq von Hopther. Warum Borq? Das klingt so nach Star Trek.
Michael Marcus Thurner: Das ist nicht auf meinem Mist gewachsen. Borqs sind bereits einmal in einem PERRY-Taschenbuch aufgetreten. Das habe ich übernommen.

Alexandra Trinley: Eine abschließende Frage zur Bewegung im Raum: Du bereitest seit langem »Alte Eisen auf Reisen« vor, deine persönliche Weltreise per Motorrad. Wie steht es damit, und wirst du im Erscheinungszeitraum der Miniserie überhaupt in Österreich sein?
Michael Marcus Thurner: Naja, Weltreise ist ein wenig übertrieben. Ich habe Europa, Nordafrika, den Kaukasus und hoffentlich Zentralasien auf dem Schirm.
Das Corona-Virus macht es mir nicht gerade leichter, meine Reise zu planen. Eigentlich war gedacht, dass ich mich Ende März auf den Weg mache und die Serie während meiner Fahrten betreue. Das geht sich ganz gewiss nicht aus. Aber ich fahre los, sobald es nur irgendwie geht.

Alexandra Trinley: Vielen Dank für die Auskünfte.
Michael Marcus Thurner: Gerne.

 

Weiterlesen kann man auf Michael Marcus Thurners Blog.

Eine Lese- und Hörprobe und weitere Informationen gibt es auf der PERRY RHODAN-Website.

Eine Handlungszusammenfassung gibt es in der Perrypedia.

Eine Übersichtsseite zur Miniserie WEGA gibt es ebenfalls auf der PERRY RHODAN-Website.

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