Im Gespräch mit Olaf Brill über »Im Garten des Unsterblichen«, WEGA, Band 3

Cover Band 3 PERRY RHODAN-Miniserie WegaOlaf Brill
PERRY RHODAN
WEGA, Band 3
Im Garten des Unsterblichen

Science-Fiction, Heftroman, Hörbuch und E-Book, Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt, 15. April 2021, 64 Seiten, € 2,50, Titelbild: Dirk Schulz

 

Alexandra Trinley: Olaf, du hast Band 3 der PERRY RHODAN-Miniserie WEGA geschrieben. Warst du auch am Entwurf des Titelblatts beteiligt?
Olaf Brill: Titel und Untertitel entstanden in einem Ping-Pong zwischen mir und Chefredakteur Klaus Frick. Nachdem das ein paar Mal hin und her geht, sind wir uns eigentlich immer sehr schnell einig und haben am Ende eine Lösung, die uns beiden gefällt.
Das Titelbild entstand in der Kommunikation zwischen Redaktion und Zeichner. Ich glaube, ich hab lediglich einmal in einer Mail angedeutet, dass »Raumjäger vor Gol« ein gutes Motiv wäre.

Alexandra Trinley: Was zeigt das Titelbild?
Olaf Brill: Ein Raumjäger ist das jedenfalls nicht. Eher so eine Art Shuttle, oder? Ich nehme an, die Figur vorne ist die Raumpilotin Gillian Wetherby, und das Motiv soll die »Freude am Fliegen« darstellen. Beides spielt ja im Roman eine Rolle. Es ist also insgesamt eher die Interpretation einer Stimmung.

Alexandra Trinley: Gillian Wetherby, welche Art Mensch ist das?
Olaf Brill: Michael Marcus Thurner, der die Exposés für die Miniserie WEGA verfasst, hat zu Wetherby ein ausführliches Datenblatt verfasst, das Ben Hary, ich und ein nachfolgender Autor hoffentlich nach und nach zum Leben erwecken.
Gillian Wetherby ist eine Frau, die sich ihren Platz im Leben erkämpft hat. Das war nicht immer leicht als Frau, als Dunkelhäutige im Amerika der Fünfziger- und Sechzigerjahre. Aber sie hatte auch Hilfe, zum Beispiel von ihrem Mentor Lesly Pounder, der sie bei der Space Force gefördert hat. Dann hat sie ihr Leben jedoch selbst in die Hand genommen und ist zu Perry Rhodans Dritter Macht gewechselt. Eine gute Entscheidung, denn nur so konnte sie schließlich als Raumpilotin ins Wega-System gelangen.
Ich habe in meinem Band Wert darauf gelegt, sie als intelligent darzustellen. Sie kann zum Beispiel gut mit Zahlen und Rätseln umgehen. Vielleicht wird das im weiteren Verlauf der Serie ja noch eine Rolle spielen.

Alexandra Trinley: Gillian stammt aus der Zeit, in der Perry Rhodan erstmals ins Wega-System aufbrach, das war in der dritten Handvoll Hefte der Serie. Sie erinnert sich an den Teampartner Palmer, der nie Witze über die einzige Frau im Team machte, noch dazu eine mit dunkler Hautfarbe. Das spiegelt die Anfangszeit des Solaren Imperiums, den Aufbruch der frisch geeinten Menschheit ins All. Inwiefern ist diese Passage an unser Jahr 2021 angepasst?
Olaf Brill: Frauen und Dunkelhäutige kamen ja in der Anfangszeit der Serie eher selten vor …

Alexandra Trinley: Einspruch! Ich habe die ersten Zyklen gerade wieder gelesen. Die geeinte Menschheit hat von Anfang an eine Vielzahl von Ethnien, nicht nur im Mutantenkorps. Ras Tschubai, Tombe Gmuna, Ische Moghu, das sind alles hochqualifizierte Schwarze und vor allem Terraner, so wie Don Redhorse nicht als Bilderbuchindianer angelegt wurde, er steht in keiner Weise hinter den Weißen zurück. An schwarze Frauen kann ich mich in diesem Serienabschnitt allerdings wirklich nicht erinnern.
Olaf Brill: Wir reden ja von den ersten neunzehn, oder meinetwegen fünfzig Bänden der Serie! An Ras Tschubai erinnern wir uns alle, klar. Tombe Gmuna kommt dann erst in Band 50 vor und hat in exakt wie vielen PERRY RHODAN-Romanen Hauptrollen gespielt? Ische Moghu und Don Redhorse treten erst sehr viel später in der Serie auf.
Aber wir sind uns sicher einig, dass wenigstens die Frauen in der PERRY RHODAN-Serie stark unterrepräsentiert waren?

Alexandra Trinley: Darauf können wir uns einigen. Und wie ist das nun mit Wetherby?
Olaf Brill: Es gibt eine Stelle in PERRY RHODAN 15, als Reginald Bull nach einem Aufenthalt auf der Erde die Mannschaft aufstockt, mit der die STARDUST II ins Wega-System zurückkehrt. Der Autor Clark Darlton betont, dass diesmal auch Frauen dabei sind: »Funkerinnen, Elektronikerinnen, Chemikerinnen, Ärztinnen und Technikerinnen.« Die Herren Raumfahrer sind sehr interessiert.
Wir postulieren, dass auch eine einzige Raumpilotin mitgekommen ist: Gillian Wetherby. Damit haben wir die damalige Beschreibung sanft an heutige Erwartungen angepasst. Im Jahr 2021 würden wir wohl nicht mehr solche Romane schreiben, in denen Frauen praktisch nur in untergeordneten Positionen auftauchen. Und so wurde Wetherby zu einer Hauptfigur unserer Miniserie! Ich möchte jedoch betonen, dass wir uns damit nicht in Widerspruch zu den frühen Romanen begeben, die im Jahr 1961 geschrieben wurden: Es wurde damals nur einfach nicht alles erzählt!

Alexandra Trinley: Da fällt mir eine Aufzählung in einem Silberband um den Kampf gegen Ribald Corello ein, aus der indirekt hervorgeht, dass zwar Verlobte, aber keine Ehefrauen auf dem betreffenden Schlachtschiff dienten … müsste ich suchen. Frühe Siebzigerjahre im All. Folgefrage zur Technik: Raumjäger mit einer Beschleunigung von 600 Kilometer pro Sekundenquadrat, Erreichen der Lichtgeschwindigkeit in zehn Minuten, ohne dass Zeitdilatation entstünde, das ist die Technologie der ersten Zyklen. Musst du da ab und zu eine gezielte Denkpause einlegen?
Olaf Brill: In der Tat. Wobei ja immer die Frage ist, ob eine »Denkpause« eine Pause zum Denken oder vom Denken ist. (grinst) Die Autoren aus der Anfangszeit der Serie wollten ihren Lesern wohl weniger solche Themen wie Ableitungen aus der speziellen Relativitätstheorie zumuten, obwohl da ja auch der waschechte Physiker Kurt Mahr mitgeschrieben hat: Für sie waren Raumjäger einfach sehr schnelle Flugzeuge, mit denen sie die Handlung vorantreiben konnten, und die Autoren haben sich keine Gedanken darüber gemacht, dass bei Annäherung an die Lichtgeschwindigkeit relativistische Effekte auftreten müssten. Kurz gesagt: Die Zeit vergeht für den Raumfahrer langsamer als für die Zurückgebliebenen.
Ich habe solche Effekte im Roman erwähnt, allerdings nur in Zusammenhang mit den Raumschiffen der Ferronen, und ich habe dabei keine großen Konsequenzen geschildert, die die Handlung der ersten PERRY RHODAN-Hefte auf den Kopf stellen würden. Da ging es eben auch bei mir eher darum, den Geist der ersten Romane zu erfassen, statt physikalisch korrekt Weltraumreisen am Rande der Lichtgeschwindigkeit zu beschreiben.
Es gilt ja auch für viele andere Aspekte der PERRY RHODAN-Serie, dass sie aus Gründen der Dramaturgie nicht realistisch geschildert werden. Zum Beispiel ist es relativ unwahrscheinlich, dass Raumfahrer so viele fremde Planeten finden, auf denen sie mit geöffnetem Raumhelm rumlaufen können. Da geht es ja nicht nur um die Atembarkeit der Luft, sondern auch um Viren und Bakterien, die man besser nicht an sich ranlässt. H. G. Wells hat das bereits vor über hundert Jahren gewusst, und den Marsianern, die damals die Erde angegriffen haben, wurde es zum Verhängnis.

Alexandra Trinley: Die Miniserie TERMINUS, mit der du angefangen hast, greift ebenfalls auf diese alte Technik zurück, ihr spracht damals viel von Shifts, deren Gleisketten man hören kann und so weiter. Hast du die Einarbeitung von damals für WEGA 3 nutzen können?
Olaf Brill: Es war sicherlich hilfreich, dass wir das bei TERMINUS schon einmal gemacht haben. Aber ehrlich gesagt: Solche Sprünge in alte Zeiten der Serie machen doch am meisten Spaß! Die beste Einarbeitung war natürlich, dass ich die alten Hefte damals gelesen habe und sie immer noch liebe.

Alexandra Trinley: Gillian muss sich den Umgangston des Solaren Imperiums erst abgewöhnen. Was für typische Redewendungen und Verhaltensweisen machen diesen Ton aus?
Olaf Brill: In der von K. H. Scheer geprägten Zeit der PERRY RHODAN-Serie war die Eroberung des Weltraums ja eher militärisch geprägt. Das sieht man schon im allerersten Roman »Unternehmen STARDUST«, in dem Perry Rhodan und Reginald Bull bei der ersten Mondlandung bewaffnet sind. Und es setzt sich fort in den Zeiten des Solaren Imperiums. Das war natürlich geprägt durch Scheers Lebenserfahrung, der in Kriegszeiten aufgewachsen ist, und durch den Kalten Krieg der Sechzigerjahre. Erst später, in den Siebzigern und durch Willi Voltz, traten andere Aspekte in den Vordergrund: Das Solare Imperium wurde zerstört, nicht mehr Expansion der Menschheit war das vorherrschende Ziel, sondern Erkenntnis der Strukturen des Kosmos, und die Menschen sagten sogar »du« zueinander.
Unsere arme Gillian Wetherby kommt nun direkt aus der Militär-Ära in eine Zeit, in der sie es mit Superintelligenzen und kosmischen Wundern zu tun bekommt, und dann soll sie auch noch ihren Oberkommandieren duzen. Ben Hary hat in seinem Roman kurzen Prozess gemacht. Da bietet Perry ihr schnurstracks das »Du« an. In meinem Roman lasse ich Gillian noch ein paar Mal in alte Verhaltensweisen zurückfallen. Aber keine Angst: Unsere Raumpilotin passt sich schnell an neue Situationen an. Ein, zwei Romane noch, dann hat sie es drauf.

Alexandra Trinley: Du lässt Gillian ausgiebig in Erinnerungen schwelgen. Was war für dich als Leser die erste Begegnung mit dem Wega-System?
Olaf Brill: Das ist ja das Faszinierende: Es waren genau die Romane 10 – 19, in denen das Wega-System erstmals eine Rolle spielte. Diese Romane erschienen Anfang der Sechziger. Als ich in den Siebzigern begann, mich für PERRY RHODAN zu interessieren, habe ich zuerst kreuz und quer hier und dort ein paar Romane gelesen. Aber dann wollte ich natürlich wissen, wie alles angefangen hat. Ich sammelte die ersten fünfzig Romane zusammen und las mit großer Begeisterung, wie Perry Rhodan zum Mond flog, die Arkoniden traf, die Menschheit einte und in den Kosmos vorstieß … eben zuerst ins Wega-System, wo er auch erstmals ES und dem galaktischen Rätsel begegnete. Für mich sind die ersten neunzehn Romane die Essenz der PERRY RHODAN-Serie: Ab Band 20 hätte alles auch völlig anders fortgeführt werden können, und es wäre immer noch PERRY RHODAN. Aber ohne die Handlung der ersten neunzehn Bände ist es kein PERRY RHODAN.
Daher war es eine große Freude, für die WEGA-Miniserie in diese Zeit zurückzukehren. Die Vergangenheitshandlung in meinem Band 3 spielt ja praktisch parallel zu den PERRY RHODAN-Bänden 10 – 19.

Alexandra Trinley: Interessant. Sehe ich ähnlich. Und deine Begegnung mit Wega als Autor?
Olaf Brill: Na, da war der vorliegende Band tatsächlich der erste, in dem ich eine Handlung im Wega-System beschreiben durfte. Wie gesagt: ein Traum!

Alexandra Trinley: Du hast Sachbücher verfasst und RHODAN-Romane. Was macht den Unterschied in der Vorgehensweise aus?
Olaf Brill: Ich bin versucht zu sagen: »Für Sachbücher hat man mehr Zeit.« Aber das stimmt nicht mal unbedingt. Ich bin einmal im Jahr Redakteur eines Buchs zu einem Filmfestival in Hamburg. Das machen wir in einem ungeheuren Kraftakt im Grunde auch innerhalb von vier Wochen fertig. Zwar hat das ganze Festivalteam schon ein Jahr lang Vorarbeiten geleistet. Aber das ist ja auch bei PERRY RHODAN ähnlich, wo die Redaktion und der Exposéautor die Miniserie über einen längeren Zeitraum vorbereiten, bevor es an die Ausarbeitung der konkreten Romane geht.
Tatsächlich ist vieles am Vorgehen bei Roman und Sachbüchern ähnlich: Bei beiden gibt es drei Arbeitsphasen: 1. Vorbereitung/Recherche, 2. Schreiben, 3. Nachbearbeitung/Überarbeitung. Alle drei Phasen machen mir Spaß, und ich hätte bei PERRY RHODAN gerne mehr Zeit für die Phasen 1 und 3. Da wären wir schon beim Hauptunterschied: Beim Romanschreiben steht Phase 2, das eigentliche Verfassen des Textes, im Vordergrund. Und genau dabei sind, im Gegensatz zu einem Sachbuch, der eigenen Kreativität natürlich weniger Grenzen gesetzt. Ich sitze also da und versuche mir vorzustellen, wie die Figuren sich in den Situationen verhalten, in die ich sie versetze. Und wenn ich da eine besondere Idee habe, dann kann ich sie sofort umsetzen. Dann ist das Universum eben so, wie ich es beschreibe. Das ist bei einem Sachbuch schon etwas anders.

Alexandra Trinley: Stichwort »Bastardprinz«, ein ungewöhnlicher und abfälliger Begriff. Wie war deine spontane Reaktion auf das Wort, und wie hat sich das mit zunehmender Einarbeitung verändert?
Olaf Brill: Krakatau, der Bastardprinz, nennt sich ja selbst so. Er hat dieses Schmähwort als Eigenbeschreibung gewählt und ist sogar stolz drauf. Vielleicht werden wir im Lauf der Serie noch herausfinden, was es damit auf sich hat. Ich empfand den Begriff auf Anhieb als knallige, einprägsame Beschreibung des Antagonisten, und war auch froh, dass nicht nur der Leser, sondern auch Rhodan und Wetherby seit Band 1 darüber Bescheid wussten. So konnte ich das Wort auch dann verwenden, wenn Krakatau aus ihrer Perspektive beschrieben wird.
Bei mir ist der Bastardprinz ja im ganzen Roman präsent. Ich glaube, er kommt sogar im Hauptpersonenkasten vor. Dabei ist er selten persönlich im Spiel, sondern eher die ganze Zeit nur die große Bedrohung im Hintergrund: der unheimliche Verfolger, vor dem Rhodan und Wetherby auf der Flucht sind. Als aktiv in die Handlung eingreifende Figur wird Krakatau nur in zwei sehr kurzen Kapiteln geschildert.

Alexandra Trinley: Findest du diese Selbstbezeichnung Krakataus angemessen?
Olaf Brill: Wir haben an dieser Stelle noch nicht erzählt, was der Ausdruck eigentlich bedeutet und woher er kommt. Da verweise ich auf die Romane, die noch nicht erschienen (und zum Teil noch nicht geschrieben) sind.

Alexandra Trinley: Du lässt den Bastardprinzen in der Ich-Perspektive erzählen. Magst du ihn, fasziniert er dich?
Olaf Brill: Nein, Ich-Perspektive und Gegenwartsform hatte einen anderen Grund: Der Roman hat im Grunde zwei große Handlungsebenen: die Vergangenheit im Wega-System und die Geschehnisse in Famosa in der Gegenwart. Jede Ebene nimmt etwa die Hälfte des Textes ein, sie sind aber anders strukturiert: Die Vergangenheitsebene wird in drei sehr langen Kapiteln abgehandelt, die Famosa-Ebene wird in mehreren, aber kürzeren Kapiteln abgehandelt und wechselt dabei – wie gesagt nur zweimal – von Rhodan und Wetherby zu ihrem Verfolger Krakatau. Deswegen suchte ich nach einem Weg, die Krakatau-Kapitel formal hervorzuheben, sodass sie sich sofort von den anderen unterscheiden.

Alexandra Trinley: Jetzt hatte ich schon gedacht, du lebst ein Alter Ego aus! Eine grundsätzliche Frage zum Schreiben nach Exposé: In welcher Weise unterscheidet sich Michael Marcus Thurners Stil bei den Exposés von Susan Schwartz, von Kai Hirdt und von Uwe Anton?
Olaf Brill: Die Beantwortung einer solchen Frage geht ja nahe an den Verrat von Betriebsgeheimnissen. Ich kann aber sagen, dass sich der Exposéstil all dieser Autoren, mit denen ich zusammengearbeitet habe, sehr unterscheidet.
Michael Marcus Thurner arbeitet Details, die er für wichtig hält, stark aus und gibt dem Autor auch Hinweise, welche Entwicklungen er für den Fortlauf oder die Atmosphäre der Serie für besonders wichtig hält. Dann wiederum lässt er dem Autor große kreative Freiheiten bei der Ausarbeitung. Er hat auch explizit erklärt, dass der Autor, wenn er es für richtig hält und nicht im Widerspruch zu den weiteren Romanen der Serie steht, sehr weit von den Exposévorgaben abweichen darf. Im Vordergrund steht, einen guten Roman zu produzieren!
Es kommt tatsächlich häufiger vor, als man denkt, dass Handlungen, die »ungeplant« in den Romanen auftauchen, im weiteren Verlauf der Serie aufgegriffen werden oder sogar die ursprünglichen Intentionen des Exposéautors ändern. Mir gefällt das. Wir glauben, dass auf diese Weise Romane und Serie besser werden. Übrigens ist das eine Eigenschaft, die alle Exposéautoren teilen, die ich bisher kennengelernt habe: Wenn der Autor eine Idee hat, die nicht im Exposé stand, von der er aber glaubt, dass sie seinen Roman verbessert, dann sind sie allzu gerne bereit, den Autor bei der neuen Idee zu unterstützen.

Alexandra Trinley: In welcher Weise unterscheidet sich dein Stil von dem Michael Marcus Thurners?
Olaf Brill: Bei mir kommen weniger Austriazismen vor, haha!
Im Ernst: Michael Marcus Thurner ist ja ein herausragender Autor, der mitreißend schreibt und seine Handlung immer wuchtig vorantreibt, hervorragend vor allem in Abenteuergeschichten, die an rauen, exotischen Schauplätzen spielen. Ich habe sicherlich eine Vorliebe für rätselhafte und geheimnisvolle Geschichten, in denen ungewöhnliche Dinge geschehen, denen die Figuren aber mit Logik und Rationalität auf die Spur kommen. Große Teile der Handlung spielen sich im Kopf ab. Wenn jemand Michaels und meinen Stil vergleichen möchte, dann tu ich das lieber nicht selbst, sondern überlasse es den Literaturanalytikern. Hoffentlich jedenfalls schaffen wir es beide, den Leser zu unterhalten.

Alexandra Trinley: Ben hat erwähnt, dass ihr gern zusammenarbeitet. Wie kann man sich das vorstellen?
Olaf Brill: Als Ben Hary und ich uns vor ein paar Jahren kennengelernt haben, hat es sofort »Klick« gemacht. Wir verstehen uns sehr gut und arbeiten gerne zusammen, was bei den Miniserien ja nun schon mehrfach vorgekommen ist. Ebenso haben wir schon beim YouTube-Channel und dem PERRY RHODAN-Report zusammengearbeitet, und wir haben auch sonst oft Kontakt, schwärmen gemeinsam oder klagen einander unser Leid.
Ganz konkret benutzen wir seit den SOL-Miniserien ein Chatsystem, mit dem wir uns jederzeit auf dem »kurzen Dienstweg« erreichen können. Das passiert vor allem, wenn wir »Nachbarromane« schreiben, was ja bei WEGA wieder der Fall war. Dann tauschen wir uns da über Einzelheiten aus, die der Autor des anderen Romans wissen muss, treffen kleine Absprachen, feilen an Übergängen usw.

Alexandra Trinley: Ich habe im Galaktischen Forum gelesen, dein Band 3 sei noch vor den Bänden 1 und 2 entstanden? Das kam mir seltsam vor. Stimmt das?
Olaf Brill: Diese Aussage muss auf einem Hörfehler beruhen, oder ich war es, der sich blöd ausgedrückt hat. Ich habe beim Wiener Online-Stammtisch etwas nur Ähnliches gesagt oder sagen wollen, nämlich: Ich hatte meine WEGA-Bände 3 und 5 geschrieben, bevor überhaupt Band 1 am Kiosk erschienen war.
Das war schon ein seltsames Gefühl, mit meinen Beiträgen für die Serie schon durch zu sein, bevor der erste Band überhaupt vorlag. Aber ich habe Michaels Band 1 gelesen, bevor ich Band 3 geschrieben habe. Band 2 und 3 entstanden dann parallel.

Alexandra Trinley: Dass dann »erschienen« und »geschrieben« verwechselt wurde? Das würde diese Aussage erklären. Weiter mit WEGA: Ganz in der Tradition der Wega-Romane gibt es Transmitter, die an unbekannte Ziele führen. Dort herrscht eine andere Atmosphäre. Die knochige, graue Frau im Nebel, die lederige Haut und den halslosen Kopf eines Haluters besitzt und von Spinnenwesen spricht, die du auch als Geisterfrau bezeichnest, gehört zu welchem Genre?
Olaf Brill: Ach, die Science-Fiction ist ja ein vielfältiges Genre!
Die Schilderung dieser Atmosphäre und der dazugehörigen Figuren hat mir natürlich großen Spaß gemacht. Das war eine Handlung, die mir sehr liegt.
Wir werden im Laufe der Serie sehen, dass an WEGA ungewöhnlich viele unterschiedliche Autoren beteiligt sind, die alle ihre eigenen Vorlieben mitbringen und die Handlung auf ihre Weise beschreiben. Ich mag das sehr, dass so eine Miniserie sich nicht einfach stringent von A nach B bewegt, sondern bunt und schillernd ist, durchaus auch mit Umwegen und Abwegen. Und der eine oder andere spielt dann am Ende tatsächlich nochmal eine Rolle! Ich hoffe, auch wenn sie nie wieder auftaucht, werden sich am Ende einige Leser an die knochige Geisterfrau Kirlea Monmussan-O erinnern. Name und körperliche Eigenschaften stammen übrigens aus dem Exposé. Ich sag mal, von mir stammt die »atmosphärische Ausarbeitung«.

Alexandra Trinley: Jo, sie kam mir sehr »thurnerisch« vor. Aber im Roman ist sie schön ins Genre der SF eingebettet! Ebenfalls in der Tradition der Wega-Romane geht es um die gewohnte Unberechenbarkeit der Superintelligenz ES, und um einen Garten der Unsterblichkeit, was mich eher an ESTARTU denken lässt. Rhodan erinnert sich an andere Superintelligenzen. Was denkst du, haben diese Bewusstseinskollektive für eine Wahrnehmung?
Olaf Brill: Das ist ja der Witz: Wir armen Sterblichen wissen es nicht und können es mit unseren unterlegenen Sinnen nur annähernd beschreiben. Selbst wenn wir gut geschulte Science-Fiction-Schriftsteller sind.
Kennst du die Geschichte »Flatland« von Edwin Abbott Abbott?

Alexandra Trinley: Gelesen habe ich ihn nicht.
Olaf Brill: Dort beschreibt ein Erzähler namens »A Square« (Ein Quadrat) seine Welt, die nur aus zwei Dimensionen besteht, wie die Oberfläche eines Blattes Papier. Wenn ein dreidimensionaler Gegenstand, etwa eine Kugel, diese Welt durchquert, sieht der Erzähler zuerst nur einen Punkt, der zu einem immer größer werdenden Kreis wird, bis der volle Umfang erreicht ist. Dann wird der Kreis wieder kleiner, bis er schließlich nur noch ein Punkt ist und dann aus dem Wahrnehmungsbereich verschwindet. Das Aussehen der dreidimensionalen Kugel, die er gesehen hat, kann der Erzähler nur aufgrund dieser Beobachtungen erfassen.
So ähnlich muss die Wahrnehmung von Menschen sein, wenn sie versuchen, Superintelligenzen zu verstehen. Im Roman überlegt Perry Rhodan ja, ob alles, was er für sinnvolle Eingriffe der Superintelligenz ES ins Leben der Menschen gehalten hat, in Wahrheit aus Sicht von ES vielleicht ganz unbedeutend ist. Der Garten des Unsterblichen und die Lebewesen, die es dorthin verschlagen hat, die dort ihr Leben verbringen – ist das Ganze für ES vielleicht nichts weiter als ein flüchtiger Gedanke, dem er schon lange nicht mehr nachhängt?

Alexandra Trinley: Im Umgang mit diesen Kosmischen Wesen geht es meist um Bewährung, um Werte, um Fortentwicklung und Aufsteigen durch Werte. Proben müssen bestanden und Rätsel gelöst werden. Also, wer hat auf so was auf Dauer Lust? Hältst du diese Art Konflikt der Protagonisten wirklich für nachvollziehbar?
Olaf Brill: Tja, die armen Menschlein und sonstigen Bewohner der Galaxis versuchen halt immer wieder, hinter die kosmischen Geheimnisse zu kommen. Das ist der Weg, den Willi Voltz damals eingeschlagen hat statt Scheers Expansionsgeschichte des Solaren Imperiums.
Inzwischen hat sich in der Serie so einiges getan, und auch Willi Voltz ist ja leider schon lange tot. Inzwischen stellen wir uns die Frage: Selbst wenn es dort draußen irgendeinen Sinnstifter und Rätselsteller gibt, was geht es uns eigentlich an? Ist für unser Leben nicht nur wichtig, was wir selbst als dessen Zweck bestimmen statt der Intentionen irgendeines höheren Wesens? Eine zutiefst philosophische Frage, über die im Roman ja auch Perry Rhodan und die in Famosa Gestrandeten nachdenken.
Trotzdem liegt es in der Natur des Menschen, wissen zu wollen, wie die Welt wirklich tickt. Nicht, was sich irgendwelche Phantasten zusammenreimen, sondern was wirklich vor sich geht. Das ist der Konflikt, den die Sinnsucher aushalten müssen: Wenn du den Sinn des Universums gefunden hast, bist du dann immer noch frei, deinen eigenen, persönlichen Sinn zu bestimmen?

Alexandra Trinley: Ich suche meinen Sinn aber nur phasenweise darin, Anforderungen anderer Leute nachzukommen. Dann folgt eine Phase eigener Bewertungen und Schlüsse. Bei dir nicht?
Olaf Brill: Hier geht ja nicht um »Anforderungen anderer Leute«, die uns im Alltags- oder Berufsleben begegnen, sondern um grundsätzliche Sinnstiftung von außen: Wenn ich eine Maschine baue, die Colaflaschen von der Küche ins Wohnzimmer transportiert, dann ist der Sinn dieser Maschine, Colaflaschen von der Küche ins Wohnzimmer zu transportieren. Wenn diese Maschine aber Intelligenz und Bewusstsein hat, muss sie sich dann mit der Erkenntnis zufriedengeben, dass das ihr Sinn ist, oder darf sie sich einen eigenen Sinn suchen?

Alexandra Trinley: Ist der Mensch eine Maschine? Aber das bringt mich auf eine Frage zu den Kosmischen Robotern: Was ist mit Wertiglos los? Was ist seine Quest?
Olaf Brill: Wertiglos gehört, so wie es sich jedenfalls im Roman darstellt, zu den von ES Abgestellten und Vergessenen: Eigentlich ein mächtiges Wesen und zu Höherem berufen, dient er nunmehr nur noch als Wartungsroboter in dem vergessenen Testgebiet Famosa. Zu Beginn befindet er sich ja sogar in einem erbärmlichen Zustand: Er wurde demontiert und wird dann erst wieder von den Bewohnern Famosas zusammengesetzt. Also ein »ohnmächtiger Mächtiger«, der mehr kann als die Aufgabe, die ihm nunmehr zugedacht ist. Auch das gehört zu dem großen Thema, das in diesem Roman zur Sprache kommt: Lassen wir einen anderen bestimmen, was in unserem Leben wichtig ist, oder versuchen wir mit den Fähigkeiten, die uns gegeben wurden, unseren eigenen Weg zu finden?

Alexandra Trinley: Ganz in der Tradition der Serie also, ein vergessener Mächtiger mehr. Die Ordnungsmächte haben wenig Mitgefühl, auch mit netten Maschinen nicht. Im Folgeroman »Feind der Harthäuter« von Madeleine Puljic geht es mit einem anderen Handlungsstrang weiter, Reginald Bull und Gucky spielen die Hauptrollen. Was kann man da erwarten?
Olaf Brill: Madeleine Puljic ist vor allem eine ausgezeichnete Autorin, die richtig lebendig schreiben kann und die Leser bestimmt voll in die Handlung hineinziehen wird. Sie erzählt tatsächlich, wohin es Bull und Gucky verschlagen hat, während Rhodan und Wetherby in Bens und meinem Roman unterwegs sind. Und ich glaube, da gibt es noch eine andere Figur, die die Leser sofort ins Herz schließen werden. Eine Leseprobe ist ja schon online. Da solltet ihr mal reinlesen!

Alexandra Trinley: Sicher. Aber wie war das noch gleich: Wirst du in WEGA noch einen zweiten Roman schreiben?
Olaf Brill: Ich habe es ja oben bereits angedeutet: Ich habe die Romane 3 und 5 geschrieben und damit meine Pflicht erfüllt, bevor überhaupt Band 1 erschienen war. Ich denke, das bedeutet, dass wir uns bald wieder zum Interview treffen!

Alexandra Trinley: Ja, das wird sicher wieder unterhaltsam. Ich freue mich drauf. Danke für die Auskünfte.
Olaf Brill: Ich habe zu danken. Man sieht sich!

 

Eine Lese- und Hörprobe und weitere Informationen gibt es auf der PERRY RHODAN-Website.

Eine Handlungszusammenfassung gibt es in der Perrypedia.

Eine Übersichtsseite zur Miniserie WEGA gibt es ebenfalls auf der PERRY RHODAN-Website.

2 Gedanken zu „Im Gespräch mit Olaf Brill über »Im Garten des Unsterblichen«, WEGA, Band 3“

  1. Tolles Interview. Glückwunsch an Euch beide.
    Aber die Idee einer PILOTIN in der ganz frühen Serienzeit ist nicht so ganz neu …

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