William Voltz – Auf der Suche nach dem verlorenen Selbst

Dieser Artikel erschien in der SOL 75, weil Werner Fleischer ihn sich gewünscht hatte. Es war seine Idee und er sei ihm gewidmet. –  Heute teile ich ihn auf der PROC-Seite.

Wilhelm Voltz’ Werke auf konstituierende Stilelemente zu untersuchen ist eine Herausforderung, und noch beim Schreiben dieser Einleitung fühlt sich mein Magen wie im Fahrstuhl an, denn große Autoritäten und Beinahe-Heilige sind nicht so mein Ding. Außerdem geht das ans Eingemachte, diese Geschichten sind wie Erinnerungen aus der Kindheit. Ich habe noch nie eine Analyse geschrieben, die so tief in meine Vergangenheit eingriff, und damit in meine Prägungen. Doch ergibt sich die Suche nach dem Selbst und das Hinterfragen des Lebensmodells, der Ausbruch aus den Beschränkungen der Zeit und den Zwängen des Erwachsenwerdens aus den Texten selbst.

Wenn man fragt, was Voltz’ Einfluss ausmacht, so kommt man schnell zum sogenannten „Sense of Wonder“, dem Erlebnis der Raums, dem Erlebnis des Staunens – der Begriff ist ähnlich exakt definiert wie Gott. Es gibt Definitionen und jeder hat eine andere Ansicht darüber. Die alle sehr interessant sind natürlich – aber am meisten versetzte mich ins Staunen, dass mit der Arbeit an diesem Text mein Leben in Bewegung geriet, die Welt schien sich zu ändern. Was natürlich nicht an der Welt lag, sondern an meiner Offenheit, die sich mit der erneuten Lektüre der Geschichten in ungeahntem Maße entfaltete. Es geschah was. Die Pointe bildete eine witzige Begegnung unterwegs, nachdem ich morgens noch geschrieben hatte: ein Passant, den ich nach dem Weg nach Rodenbach fragte, antwortete; „Roudnbak? You just follow the street…“.

Copyright des Fotos von William Voltz: Pabel-Moewig-Verlag - Collage von Konrad Storost

(c) des Autorenfotos: Pabel-Moewig-Verlag

Unverhältnismäßig viele und starke Begegnungen in dieser Zeit bewegten mich, mein Leben in genau die Richtung, die ich als Hauptaussage von Voltz’ Texten herausgearbeitet habe: Dass sich Menschen treffen statt Leerformen zu vollziehen. Was zeigt, dass die Kraft dieser Geschichten noch lebt.

Und das geht über das Anknüpfen an frühere Unbefangenheit hinaus. Damals, als Kindleserin, wusste ich vieles nicht zu schätzen: Ich erinnere mich noch genau an meine Enttäuschung, als ich endlich Band 1000 in den Händen hielt – damals war ich, nun ja, bisschen jünger und hatte mich auf was richtig Spannendes gefreut. Den „König von Atlantis“-Zyklus habe ich geliebt, den Pilotband hat Werner Fleischer mir für diese Arbeit zugespielt, natürlich rein zufällig und ohne Hintergedanken. Mein Befremden gegenüber „Ich, Rhodans Mörder“ – der konnte ja gar nicht siegen, komisches Buch. Und die Erinnerung an einen Leserbrief, den ich nie schrieb – eine der Gelegenheiten im Leben, die nie nachgeholt werden können. In diesem Aufsatz verwende ich eben jene Texte – meinen Liebling und das ganz Fremde. Ich las sie jetzt natürlich völlig anders – und habe mich trotzdem daran erinnert, was davon bei mir Wurzeln schlug, und in der Folge hat es mich daran erinnert, was ich bin. Etwas Wertvolleres gibt es nicht.

Die Textauswahl enthält viel aus ATLAN. In der Hauptserie entfaltete Voltz seine gesellschaftlichen Konzeptionen, seine Kosmologie und sehr komplizierte Zusammenhänge. Schon die Darstellung wäre sehr umfangreich. Hier mache ich eine rein textimmanente Strukturanalyse, die das Material erschließt und aufbereitet. Mit der Fragestellung „Was steht da eigentlich?“ und „Wie ist es geschrieben worden?“ Die Kürzel erklären sich aus der Bibliographie am Ende des Textes.

Wie immer verwende ich Untersuchungsschwerpunkte, die der Schreibart des Autors folgen, um mich möglichst gründlich auf seine Welt, seine Aussageabsicht einstellen zu können. Zuerst einmal beobachte ich bestimmte Sinneskanäle, die der Autor bevorzugt und die ihm eigentümliche Farbgebung. Dann schaue ich mir an, wie der Autor eine ganz bestimmte Art von Charakterisierung auch bei Protagonisten, die er von den Autoren vor ihm übernommen hat, was für ein Setting er verwendet, ob es ein für ihn typisches ist oder ob er das der Vorromane weiterführt. Dann suche ich typische Charakterbildern, typische Konflikte, bestimmte Arten, Charaktere und Setting auszubauen, und ihr Bezüge untereinander.

Damals, als Voltz die EA schrieb, habe ich einfach gelesen und gelebt, und in diese Schicht musste ich jetzt als studierte Germanistin und Anglistin mit vielen Jahren Unterrichtserfahrung auf dem Buckel zurückgehen. Nach der Lektüre der ausgesuchten Texte notiere ich mir die Stichworte Außenseiter und Kontrollgesellschaft, eventuell Moral als Weg aus der Beschränkung, Zivilcourage und Fantasie, Übergang ins Grenzenlose als soziales Verhalten. Technisch fällt mir eine unprätentiöse, übersichtliche Bauart voll Verbindungen und Entsprechungen innerhalb der Romane auf, voll von festen Gewohnheiten, die dem Leser Halt geben. Den Mittelpunkt des Handlungsfortschritts bildet, wie eine Art Keilriemen, die Entwicklung der Hauptpersonen in Form einer stufenweisen Verschiebung oder Verkettung von Sympathielenkung und Identifikation als zentralem Handlungsträger. Die Hauptperson entwickelt sich durch Erlebnisse, die Bewertung der Gesellschaft um sie herum verändert sich wieder und wieder, bis sie an einen Punkt kommt, an der sie trotz Ablehnung, Ungerechtigkeit und allen Schwächen der Gesellschaft helfen will. Zu diesem Zeitpunkt erfolgt der Übergang in eine andere Umgebung, die ebenfalls bürokratisch, aber höher ist.

Schreibweise

Voltz schreibt Hörtexte und stellt Höreindrücke heraus. Und das Riechen. Beim Sehen fallen Blicke von oben und nach oben auf, das Sehen von Licht und von ganz bestimmten Farben, die er in stets gleicher Weise zuordnet. Die personale Erzählhaltung, oft als erlebte Rede oder Dialog, richtet sich immer wieder auf die Position aus, von der aus ein Protagonist sieht, wie bei Rhodans Visiphongespräch mit Chefredakteur Prohn Korum (vgl. KvA, S.8), in dem wir sehen, was Rhodan sieht, bis das Gespräch beendet ist und wir ihn dann erst von außen beobachten – ein Außen, dass sich sogleich als die Perspektive seines nächsten Gesprächspartners entpuppt. Das ist wie eine sehr aktive Kameraführung. Pthor taucht auf mit einem Klang, „als habe jemand eine gigantische stählerne Saite angeschlagen, die nun endlos tönte“ (KvA, S.45). Das „ferne Dröhnen“ des Gewitters mischt sich mit dem „Echo des Donners“, mit dem „trommeln(den)“ Regen und „der Riesentrommel, der (eine einsame Gestalt) in regelmäßigen Abständen jenen dumpfen Ton entlockte, der mich an eine Trommel erinnerte“ (IRM, S.85). Gleich darauf berichtet der Protagonist: „(D)ann roch ich die schwelenden Fackeln“ (IRM, S.87). In jedem der Romane, die ich jetzt bewusst aufschlug, fanden sich Gerüche.

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Außerdem bezieht Voltz Gegensätze aufeinander, hell und dunkel ist einer der häufigsten, ein anderer Lärm und Stille. Die Stille, die über Landschaften und Situationen liegt – und ihr Ende: „Die Stille zerbrach […] er kämpfte passiv um das kleine Reich der Stille, das er sich aufgebaut hatte […] Der vorwurfsvolle Unterton war nicht zu überhören. Die Stimme war sehr nahe, sie drang wie ein Pfeil in Flahavans Reich und explodierte in seinen Ohren“ (KdA, S.9) – nachdem der träge Familienvater den „Geruch nach angebratenem Fleisch“ (KdA, S.9) genossen hat. Atlans scheidende Freundin Irsthya stirbt in der donnernden Explosion einer Gleiterbombe.

Entsprechend hat er die Textmelodie harmonisch in Gleichklang gebracht, als Methode zum Glätten der konstituierenden Informationen der Geschichte zugunsten der zentralen Linie. Wir finden jede Menge Alliterationen, Parallelismen, Vergleiche und Wie-Fragen. Beginnen wir mit dem Dialog zwischen Perry Rhodan und Allan D. Mercant über die Atlantis-Fanatiker, der sich an das oben erwähnte Visiphongespräch anschließt:

»Das nicht«, stimmte der unscheinbar wirkende Zellaktivatorträger zu. »Aber Casneur und seinesgleichen schaffen den Nährboden, auf dem die Saat der Gewalt schließlich aufgeht. «

»Wenn ich daran denke, wie alles begonnen hat, kann ich mir immer noch nicht vorstellen, daß diese Atlantis-Geschichte ein derartiges Ausmaß angenommen hat. Vielleicht steckt doch mehr dahinter, als wir annehmen.«

»Wir werden die Hintermänner, die das alles angezettelt haben, bald fassen«, versicherte der Halbmutant grimmig. »Dann wird dieser Spuk so schnell vorbei sein, wie er begonnen hat. « (KvA, S.8)

Das Übermaß der Alliterationen, die sich mit gleichen Lauten innerhalb der Wörter verbinden, schafft einen einheitlichen Klangteppich, innerhalb dessen zusammenhängende Begriffe vernetzt werden. So finden wir in den 83 Wörtern s-Laute in das, Casneur, seinesgleichen, Saat, alles, daß diese Atlantis, derartiges Ausmaß, als, das, fassen, versicherte, so, sein. Dazu an sch-Lauten stimmte, schaffen, schließlich, steckt, Spuk, schnell. Hinzu kommen z-Laute in Zellaktivatorträger, zu, angezettelt und die Hauchlaute h und ch: nicht, schließlich, noch nicht, Geschichte, hat, vielleicht, doch, dahinter, Hintermänner, haben, versicherte, Halbmutant, hat. (KvA, S.8)

Die Assonanzen heller Vokale ziehen sich durch den Ausschnitt, die wenigen dunklen Vokale befinden vor allem im wiederholten Partizip begonnen oder in Begriffen, die aus dem „normalen Jetzt“ herausfallen, nämlich Zellaktivatorträger, Halbmutant, doch, Spuk und vorbei. Hierdurch erhält der Dialog eine unternehmungslustige Note, denn Kinder sprechen mit hohen Tönen, und Kinder sind unbeschwert, der durch die besonderen dunklen Töne akzentuiert wird – mit ihnen kommt das Besondere, Tiefgründige, Gefährliche rein.

Die vier W-Wörter am Satzanfang richten die Sätze parallel zueinander aus, und dem Personalpronomen „wie“ folgt gleich ein „wird“. „Wie“ verwendet Voltz gern, sowohl als Präposition und als Fragewort, und oft in Folge. So veranschaulichen Vergleiche mit thematischer Bündelung das Verhalten des Matten-Willy, dessen spielerisch zerfließende Form „wie eine Teigtasche herabhing“, dessen Auge plötzlich aussieht „wie ein Spiegelei“ und seine Zunge „wie ein Schöpflöffel“ (KvA, S.3) – gemütliche, nahrhafte Bilder also für das freundliche, whiskeyversessene Plasmawesen. Das ist ein humoristisches Element zur Auflockerung der spannenden Handlung und eine lustige Entsprechung des herrannahenden Unfassbaren. Das Spiegeleiauge wird später in ernster Form wiederkehren, wenn Razamon keine Spiegel im Haus hat und seine Augen im Spiegel nur dunkle Höhlen sind. Nebenbei gesagt, hat auch Voltz’ High Sideryt Chart Deccon die Spiegel in seiner Klause entfernt (vgl. RSiN, S.14).

Das erschreckend Unfassbare, das Razamon verkörpert, der Bote des ganz großen Fremden, Schrecklichen, das sich ankündigt begegnen wir in noch mehr Vergleichen: Razamons Lächeln bleibt aufgesetzt „als wäre es eine dünne, nicht zu diesem Körper gehörende Schicht“ (S.5), und der USO-Spezialist Sphinx bewegt sich „wie unter Zwang“, als er zu Razamons Kellerraum geht, in dem Razamon immer tobt „wie ein Ungeheuer“ und „wie ein Wahnsinniger“. Sphinx schluckt, als er sich vorstellt „wie er in diesem Raum herumtobte, Felsen zertrümmerte, Holz zerbrach und Eisen verbog“ (KvA, S.16). Dabei ist sein eigener Name geheimnisvoll genug.

Viele der Namen sind sprechende Namen, und Voltz hat sie noch dazu klanglich aufeinander abgestimmt. Das ist nichts Neues in der Serie, Mercant heißt „Kaufmann“, Bully ist der volkstümliche Mann fürs Grobe. Aber Voltz bildet auch auf dieser Ebene einheitliche Netze, die die Aufmerksamkeit des Lesers bei der Haupthandlung belassen. Die Jacht BENOR und den Akonen Khor trifft man vorr (KvA), Carmel Sphinx steht Casneur gegenüber – von dessen Namen sich noch dazu unschwer der kassierende Hypnotiseur ableiten lässt, der er ist. Chefredakteur Korum fügt sich ebenso in die Alliterationsreihe wie Keith Essex, der Engländer. Der aufstrebende Kolonistenplanet Geldon kann als Goldgrube gedeutet werde, mit den Klangspielen „gold on“, „go on“ oder „Geltung“. Er bezieht nur oberflächliche, allgemein bekannte Elemente der englischen Sprache ein: Dass „gelded“ „kastriert“ bedeutet, spielt keine Rolle. Damit führt er auch weiter, was die Seriengründer begannen, denn dass ein „bully“ im Englischen ein Mobber und Drangsalierer ist, fließt nicht ein, die Charakterisierung durch den Namen kommt den beschränkten Sprachkenntnissen des deutschen Durchschnittslesers entgegen. Im Englischen zieht das nicht, der deutsche Amerikaner Bull wurde in den englischen Ausgaben zu Reginald Bell, um negative Assoziationen zu vermeiden. Voltz selbst thematisiert seinen Hang zu sprechenden Namen, wenn er Razamon im Hotel Zool absteigen lässt und er ausdrücklich thematisiert, dass nicht einmal der Besitzer die Bedeutung des Namens kennt (KvA, S.30) und wenn Sphinx „Wortspiele“ macht, bei denen er Aretosa zu Esotera, Satorin und Thera verdreht (KvA, S.12).

Textübergreifend stabil ist Voltz’ Farbgestaltung, und sie ist in dem Ausschnitt des Covers zu PR 1200 von Johnny Bruck, der sich auf dem Gedächtnisband befindet, exemplarisch umgesetzt. Hell ist das Licht, nach dem er schaut, und es ist in den Raumfahrzeugen und oben. Hell-dunkel bzw. weiß-schwarz ist sein Grundkontrast, entlang dessen er seine Protagonisten etabliert – immer wieder ist einer hell, einer dunkelhaarig. Hell und dunkel entfalten sich im Setting ebenso wie in kleinen Details. Dabei strebt er nach dem Licht, er hat auf keinen Fall den hellen Charakteren ein „Gut“ zugeordnet, und den dunkelhaarigen ein bleibendes „Böse“, ganz und gar nicht. Dunkle und helle Lebewesen streben gleichermaßen nach dem Licht, und die rothaarigen auch. Und die schuppigen.

Immer wieder begegnen wir der Farbe Gelb, die das Schwarz und Weiß ergänzt – als Farbadjektiv wie Razamons „gelblicher“ Haut (KvA, S.4) oder als gelbe Gegenstände und Lebewesen, wie „Toast „(KvA, S.7) oder „Bier“ und „Blondinen“ (IRM, S.102). Ein Essen in Weiß mit Rot und bisschen Gelb, an das sich Dunn Benyon „nur dunkel“ (!) erinnert, findet sich mit „zartem Schinken auf frischen Karotten und ausgesuchten, in Butter geschwenkten Champignons“, danach „Makrelen in Weißwein“ und als Nachspeise „ein Birnenbisquit mit Sahne“ (IRM, S.19).

Einen rötlichen Ton haben Gesichter und Haare, immer wieder. Schon vor Voltz’ Zeit gab es die rothaarigen Springer, die rotbraun-kupferfarbenen Zaliter und die Akonen mit den schwarzrötlichen Haaren – Voltz trieb dies jedoch auf die Spitze, ebenso wie die Verwendung der sprechenden Namen. Fast jeder ist rothaarig, schwarzhaarig oder ganz hell. Wenn er keine Schuppen hat, grüne oder hornige Schuppen anstelle der Haut. Was damals natürlich auf die blonde deutsche Leserschaft exotisch wirkte und sie staunen ließ Die Buhrlos haben die rötliche Glashaut. Immer wieder erwähnt er Blut, das aber „im Kopf […] rauscht“ (KvA, S.45) statt rumzuspritzen. Leute sind aus Fleisch und Blut, es gibt Blut, das ins Gesicht schießt, auch immer wieder Wein, aber nie eine offene Wunde.

Bunt ist eine Sache für sich: In IRM ist der Umhang des betrügerischen Halley Governor bunt (S.12), und Gelton City bildet eine „bunt zusammengewürfelte Serie von Häuserreihen, Fabrikanlagen und riesigen Kuppel“. Die Stadt verkörpert den „menschlichen Eroberungswillen und die Sehnsucht, ein Stück Land zu besitzen“ (S.48) – kein Wunder, dass so viele Gestalten aus der amerikanischen Siedlungsgeschichte in der Geschichte auftauchen, wie der Prediger, die Saloonbesitzerin in abgetragener Uniform und der Alte mit den zwei Stühlen am Raumhafen (vgl. IRM, S.131). Bunt aber sind der mit einem „Meer von Blumen“ geschmückte Raumhafen und der Neusiedler Ansom mit seinem „bunten Papierhut“ (IRM, S.130f), die sich beide auf einen verlogenen Empfang vorbereiten, auf eine widerrechtliche Inbesitznahme, denn Rhodan soll der Kolonie die Selbstständigkeit geben, die es eben nicht gäbe, wenn Rhodan wüsste, dass die scheinbar primitiven Eingeborenen intelligent sind – alle Siedler wissen es, wollen das eroberte Neuland aber behalten. Die Betrüger, die Goldgräber sind bunt.

Auch Grün, Blau, Braun und Grau verwendet Voltz sparsam und gezielt. Um einfach mal die Richung aufzuzeigen: Blau sind vor allem Augen, grün die vielen Schuppenkörper, in denen oft höher entwickelte Bewusstseine stecken. Grün, auch „giftgrün“ mit „grüner Außenfläche“ sind Gebäude wie der Siedlersaloon Ben Loosens (vgl. KvA, S.56) und der Dschungel, in dem die von Voltz verehrten Wilden leben. Grün ist aber auch das Gesicht des gerechten Verbrechers Dunn Benyons. Braun sind die Gegenstände, die mittelbar mit der Entgrenzung verbunden sind, ihr auch fälschlicherweise zugeordnet werden wie die braunen Augen des falschen Propheten Casneur (vgl. KvA, S.11), das scheinbar zauberwirksame Getränk der geltonischen Wilden oder der Jäger mit dem lederartigen Gesicht des amerikanischen Ureinwohners, der „wie ein Bär“ brummt (IRM, S.79f). Ähnlich das sparsam, aber stetig eingesetzte Grau, die Farbe des Artefakts, das Razamon mit sich führt (vgl. KvA, S.21) und die Haare der alten, eleganten Magnidin Brooklyn (vgl. RSiN, S.8). Dieser Farbeinsatz bleibt äußerst stabil, die Farben tragen eine Bedeutung. Mit Ausnahme der Außerkraftsetzung von Weiß und Schwarz als Signale für Gut und Böse entsprechen sie leicht verständlichen Archetypen, ihre Bedeutung ergibt sich ganz natürlich. Nur die Assoziation des Bunten mit Betrug erscheint mir ein wenig puritanisch.

Worin der durch Farbketten abgesteckte Handlungsfortschritt mündet, ist das Wunderbare, der Übergang, die Öffnung im bekannten Universum. Sein Farbsymbol ist, neben Weiß, das Transparente, Fluoreszierende, in der Regel verbunden mit Wasser und Sturm, das Roman um Roman einen Übergang kennzeichnet. In DP gibt es einen Ammoniaksturm wie auch auf Välgersphäre, und beide beschreiben Orte des Übergangs. Phtor materialisiert als „große braune Masse (,) in leuchtenden Dunst gehüllt“ und „wirbelte ungeheure Mengen an Wasserdampf auf.“ (KvA, S.45), der schemenhafte Tanz der scheinbaren Primitiven ist eine „wogende Masse, die mich wie ein Gespinst umgab“ (IRM, S.135). In beiden Fällen ist die Öffnung durch Wilde und Wildheit bedingt. Nach dem Übergang kommt bei ersterem ein unbegreiflich unbekanntes Land, das man nackt und bloß betreten muss, im anderen „ein Raum aus leuchtendem Kristall, einen gläsernen Dom, der aus Millionen künstlicher Augen auf mich herabstarrt (IRM, S.137). Überhaupt das Leuchten, als Übergang und Ausblick. Immer wieder gibt es Leuchten, Licht, Helligkeit. Die Begegnungen mit Wasser und der Blick ins Licht, ins Helle, ins Feuer, in die Sonne bilden Schlüsselmomente für Voltz’ Protagonisten, die Verdunkelung der Sonne, das schemenhafte Verschwimmen signalisieren existenziellen Wandel.

Noch mal zu Voltz’ Transportmechanismen, die eine fiktionale Welt aufbauen, ohne in den Vordergrund zu treten: Scheinbar vielfältig, in Wirklichkeit aber ein quasi zusammenfaltbares Startgerüst bilden wie die Zahlenreihen, die er regelmäßig einbaut, und seine Art, Begriffen eine Erklärung nachzuschieben, sie zu paraphrasieren und abzurunden. Im KvA finden wir einen Aufbau nach Zahlenreihe im Abschiedsgespräch zwischen Atlan und Irsthya, gleich nach der Einführung des „Zeitklumpens“ am Bein des schwarzhaarigen Razamon als letztes Wort des Vorkapitels. Sie streicht ihm über die hellblonden Haare und spricht ihn auf seine zehntausend Lebensjahre an. Er denkt an ihr Alter, 22, in dem er sie zwölf Jahre vorher kennengelernt hat. Dann wiederholt er die zwölf, um zu überlegen, dass er in dieser Zeit nicht gealtert ist, sie aber schon, und dass sie nachts weint deswegen. Das Wort Zeit wird wiederholt, jetzt im Kontext von Gesprächen, in denen sie beteuerte, sie werde „gehen, wenn es Zeit ist“. Sie verlässt ihm mit einer Dezimalreihe: „Wann wirst du mich vergessen haben? In einem Jahr, in zehn Jahren oder in hundert Jahren?“ (KvA, S.7). Die Szene stützt sich auf die Parameter Null, Eins und Zwei, auf Zeit zusammen und Liebe versus trennende Zeit und die Aufhebung der Zeit, den Tod. Als dessen Gegensatz klebt der Zeitklumpen an Razamons Bein, der ihn unsterblich macht. Wenn die beiden Unsterblichen zusammenkommen, sind sie wieder zwei, und die Handlung geht weiter. Die Szene ist insofern extrem einfach gebaut, und die lebendige, anschauliche Ausgestaltung bildet ein reines Startgerüst für den Abbruch von Beziehungen aufgrund von Zeit und Hereinbrechendem, der im Verlauf des Romans in mehreren Schüben immer stärker ausgebaut wird.

Ein weiteres Beispiel für diese leserschonende, anschauliche Art mit Zahlen zu arbeiten, finden wir in den „vier Monaten März, April, Mai und Juni“, in denen Aretosa – Razamon seine „vier Wetten […] gegen alle Wahrscheinlichkeitsrechnungen der Wettroboter“ (KvA, S.3) gewonnen hat. Die Zahl wird wiederholt, das Unwahrscheinliche und Science-Fiction-Typische durch Alliteration geglättet und die Anzahl der Monate mit konkretem Material aus der Echtwelt gefüllt. Oder die drei Zimmer in Ben Loosens Hotel, gefolgt von den drei Namen ihres Hundes (IRM, S.72)

Auffallend ist die Sorgfalt, mit der Voltz das Betreten und Verlassen von Orten beschreibt, was die Orientierung vereinfacht und immer wieder das Gefühl beschert, etwas erreicht zu haben – auch dies gibt dem Leser ein gutes, optimistisches Gefühl, denn er steht auf eigenen Beinen dabei.

Es gibt immer wieder Doppelstrukturen bei den Ereignissen. Atlans Verankerung in der Welt des Solaren Imperiums bricht zusammen, als von Freundin und Auto nur ein Krater bleiben (KvA, S.7). Rhodan fragt sich, die Frage in erlebter Rede in eine Einzelzeile gestellt, ob „er selbst“ an den Erfolg glaube (KvA, S.9), während Atlan sich nach dem Sinn seines Hierseins fragt und die falschen Propheten Casneur und Massar in einem Dialog voll Fragen formulieren, wer König von Atlantis sein soll (vgl. KvA, S.11).

Atlans Untergebener Sphinx wandert derweil „am Rand eines Abgrunds“ (KvA, S.6), als er den schon lange untergetauchten Razamon trifft, der im Keller seinen geheimen Kampfplatz hat. Der Engländer und der Portugiese treffen auf das „Gurgeln“ eines „Schlundes“, der Portugiese „taucht unter“, teilnahmslos, als sei er hypnotisiert, während Essex sich „in der Innenwand eines ausgedehnten Wasserkreisels“ (KvA, S.19) wieder findet.

Während Setting, Datierung, Atmosphäre und äußere Handlung sich solchermaßen übersichtlich entwickeln, bleibt viel Platz für das zentrale Anliegen: Die innere Entwicklung der Protagonisten als Ergebnis und Ursache des Handlungsfortschritts.

Diese läuft einerseits über die Sympathielenkung, wenn in IRM Dunn Benyons Bewertung der Gesellschaft sich von Abschnitt zu Abschnitt verändert, andererseits über die Identifikation mit der wechselnden Umwelt, über die Atlan seine gewohnte Welt verlässt und nach Phtor geht. In DP dreht sich die Bewertung der Krankheit, die das Leben im neuen Umfeld ermöglicht. In KdA die Bewertung des seltsam abgedrehten Kindes, als Solarmarschall Tifflor und Harno zu ihm kommen.

Passend zu diesem Erzählanliegen wird die durchgehend personale Erzählhaltung immer wieder zur erlebten Rede, eingebaut sind unauffällige Perspektivenwechsel, bei denen der Leser genau dem Blickwinkel eines Protagonisten folgt, wie beim oben beschriebenen Visiphongespräch oder bei der Beobachtung dramatischer Vorgänge: „Nun geschieht es! dachte Sphinx und erkannte schlagartig, dass er es bis zu diesem Moment für unmöglich gehalten hatte“ (KvA, S.45).

Das Setting und die Vision

Kommen wir nun zu Charakterisierung und Setting. Setting und Vision sind in einem Zusammenhang zu verstehen, weil die Bewegung durch den fiktionalen Raum und die Charakterentwicklung in eine plötzliche Zustandsveränderung, den Übergang in ein Loch im Universum, hinter dem sich eine andere Lebenswelt auftut. Voltz’ Geschichten spielen sich ab im Kontext einer Gesellschaft, die trotz aller gepflegten Gemütlichkeit der totalen Kontrolle einer Gutmenschendiktatur gleicht, in der Alkohol, Abhängen, Nichtstun zwielichtig sind – aber auch das selbstständige Verwirklichen eigenen Verständnisses von Gerechtigkeit gegen eine übermächtige kapitalistische Gesellschaft, für das Dunn Benyon zum Verbrecher abgestempelt wurde (vgl. IRM), ein Verbrecher in einer Spießergesellschaft, der eine „High Noon“-Situation erlebt. Vieles auf der Siedlerwelt ist wie im Western: Saloons, Originale, Prediger, die verleugnete andere Kultur, der Alte im Stuhl. „High Noon“ ist ein später Western, in dem der Held eine korrumpierte Gesellschaft rettet, die ihm nicht helfen will, und dann geht. Wenn Benyon aber den großen Übergang macht, von dem wir noch reden werden, trifft er auf eine andere fragwürdige Gesellschaft. Einerseits gibt es spähende Nachbarn, eine bedenklich geordnete Obrigkeit, Zwiebelschalen, Kosmokraten. Andererseits die Gegenwelt: Die Einzelnen, die außerhalb der Gesellschaft stehen, die sich anpassen oder aufbegehren, die aber trotzdem was wert sind, die weiter gehen. Um dieser zentralen Anliegen willen gestaltet Voltz die anderen Komponenten des Textes geschlossen und abwechslungsreich, aber reizarm. Es fällt schon auf, dass Voltz die Werte der Studentenbewegung nicht aufnimmt: Niederreißen aller Autoritäten sexuelle Befreiung, Verlust der Scham als Schutz vor Regierbarkeit. Seine Befreiung läuft stiller ab und sozialer. Die Autoritäten werden nicht per se demontiert, und seine Frauen sind selbstbewusst und emanzipiert, ohne sich groß verrenken zu müssen. Sagen lassen sich seine Helden wenig, aber sie schreien nicht rum dabei, sondern handeln.

Außerdem baut er Panoramen auf, indem er eine ganze Palette von Leuten nebeneinander her leben lässt. Im KvA verwendet er Protagonisten menschlicher Völker von überall auf der Erde.

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Ein besonderer Höhepunkt der Perry-Rhodan-Serie, der tausendste Band, trägt den programmatischen Titel „Der Terraner“ (DT). Hier wechselt sich die Geschichte des Kosmokratenboten Carfesch, der Atlan und Perry aufsucht, mit Szenen ab, in denen echte Terraner, Menschen also, die bittersten Niederlagen ihres Lebens durchleiden. Am Ende jeder dieser Szenen wird die beschriebene Person als „ein Terraner“ bezeichnet, der Roman endet mit Perry Rhodan. Er ist „der Terraner“.

Deshalb überrascht es nicht, dass wir Perry hier in der beschränkten Enge des amerikanischen Bauernalltags erleben, innerhalb dessen er jene besondere Art von Normalität lebt, die ES schützen will. Voltz’ Handlungsorte sind besonders oft Alltagssituationen, wie Atlans Frühstück in der Küche mit Kaffee und Toaster, die Gehwege am Ende der Transportbänder und Transmitterstationen vor Razamons verwahrlostem Vorstadthaus mit Zaun (vgl. KvA, S.12f), das Wettbüro und das namenlose Gasthaus. Die Räume sind übersichtlich, die Bewegung der Protagonisten in ihnen jederzeit nachzuvollziehen. Der Dreischritt von Wahrnehmung einer Tür, dem Öffnungsvorgang und dem Betreten des neuen Raums reiht sich in übersichtlicher Weise. So wird dem der Leser seine vertraute Welt vorgeführt, auf dass er immer aufs Neue staunen, träumen und ausbrechen kann – und das Staunen bewahren und den Mut.

Innerhalb der alltäglichen, allzu geordneten Welt gibt es Einzelne. Sie leben in verwahrlosten Umständen, trinken ein wenig, gehen nicht unbedingt einer geregelten Tätigkeit nach oder tragen ihre Uniform oder ihren Titel als Ausgestoßene, die ihre Nische gefunden haben. Trotz des Scheiterns in der Gesellschaft haben sie ihren Charakter und ihre Würde, wie Leutnant Dellmann und Ben Loosen in IRM – der mit der Delle und die Loserin.

Eine ganz besondere Rolle spielt eine soziale Gruppe, die im Mittelpunkt und zur gleichen Zeit außerhalb der Gesellschaft steht: die Kinder. Voltz hat einige wenige Kindergeschichten geschrieben, in einer kann der kleine Kaleb einem verlaufenen Sternenwesen Orientierung geben (KdA) und in einer anderen ist der kleine Perry, auch er ein „merkwürdiges Kind“ (DT, S.43) mit prophetischen Träumen und Weltraumlektüre, plötzlich „verschwunden“ (DT, S.44) und trifft auf ES. Carfesch ist erschüttert, als der potentielle Träger des eines der besonderen Zellaktivatoren von jenseits der Materiequellen einfach noch zu klein ist, um das Gerät zu bekommen, und dann staunt der schuppige Bote mit dem strohgelben Gesicht: „Ich konnte nicht ahnen, […] daß es die Kinder sind.“.

Denn, wie ES ihm erklärt, die Welt der Kinder ist „eine Welt der Phantasie, der Abenteuer und der Wunder“, in der „alles möglich“ ist, solange sie nicht „für das Leben in einer Welt kausaler Vorgänge“ erzogen werden. Es ist eine „Welt voll Buntheit und Abwechslung“, ihre Träume „gehen eigene Wege“, sie denken scheinbar unlogisch und verfügen über „Zuneigung und Vertrauen“. Ein Erwachsener wird bemerken, etwas „Kostbares verloren“ zu haben in seinem Alltagsleben, in der „Notwendigkeit des Augenblicks“, etwas, das den „Unterschied zwischen ihm und einem bloßen Mechanismus“ bedeutet. ES holt den kleinen Perry zu sich, damit er sich „die Fernen, die du als Kind erlebt hast“ erhält, auch als Erwachsener sein Bewusstsein öffnen kann „für die Stimmen deiner unsichtbaren Umgebung“, wissen möchte, wie „Tiere und Pflanzen zu ihm sprechen“. Damit er weiterhin „das Universum in sich pulsieren“ fühlt und in seiner Phantasie und seinen Träumen „einen Blick tun“ kann „in die unbekannten Tiefen des Universums“. Er erklärt Perry, das Fenster zum Universum sei in ihm, und der Kleine sieht eine „harmonische Woge aus Licht“, als dessen Teil er sich fühlt. (DT, S.44)

Perrys Onkel Karl erlebt das plötzliche Verschwinden seines Neffen nach einem „grellen, quer über das Land zuckenden Blitz, dem heftiges Donnergrollen folgte“ als das seltsame Gefühl, für immer an seinen Platz gebannt zu sein aus Furcht, „mit einer ungeheuerlichen Realität konfrontiert zu werden“. Gleichzeitig gehen im Haus die Lichter an, und Karl scheint es, als sei „die Umgebung auseinandergebrochen – in eine Szenerie der Wirklichkeit und in einen Alptraum“. Als der Junge wieder erscheint, legt er sich das Erlebte zurecht, glättet die Erinnerung, redet sich einen Irrtum ein: „Ja, […] manchmal glaubt man das“ (DT, S.44). Ähnlich funktionieren Auftauchen und Betreten von Phtor und Dunn Benyons Übergang in die rettende Welt der Statistiker, der mit einem Tanz im Gewitter beginnt (IRM, S.85) und auf dem Raumhafen endet (IRM, S. 135).

Immer wieder treten Wildheit und Wilde als Wegbegleiter auf: Als Eigenschaft bei Razamon und Pthor, als vermeintliche Eingeborene auf Geldon, als der scheinbar primitive, einheimische Gladiator Mataal, der sich als weit überlegender Molekülverformer entpuppt (vgl. DG) und als Atlans Retter Krantor, mit dessen Speer er Mirona Thetin tötet, nachdem sie sich für den Willen zur Macht als stärkster Kraft des Universums entschieden hat und er ganz tief in die terranische Geschichte, seine Erinnerung, eintauchte (vgl. AEdM, S.54f)). Die Wilden bringen den Ball ins Tor. Das Tor ist der Übergang in eine andere Welt und zugleich die Offenheit in jedem einzelnen Menschen. So wie Atlan Mironas Leiche trotz aller Gefahr an die Oberfläche mitnimmt, weil er zwar die Gesellschaft vor dem Zeitparadoxon schützte und seine eigene Würde bewahrt hat, dann aber die Wichtigkeit seiner eigenen Gefühle über alles stellt, auch über das eigene Leben.

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König von Atlantis

Wir wollen die Beobachtungen an einem Beispiel festmachen. Der am Dienstag, dem 28. Juni 1977 erschienene Roman „König von Atlantis“ funktioniert wie ein Pilotfilm zum Atlantiszyklus. Ausgangsbasis sind uralte Menschenähnliche – einer fremd, einer vertraut – in einer überaus umfassend kontrollierten, spießig-modernen Gesellschaft. Themen sind Zeit und Ewigkeit, Kontrolle und Ausbruch, Fremdheit und Nähe, Vertrauen und Abschied.

Darüber hinaus wird der neue Erzählstrang etabliert und motiviert. Voltz führt die neue Bedeutung von Atlantis in die Fiktion der Perry-Rhodan-Welt ein, indem er Elemente eben dieser und Elemente der wirklichen Welt weiterführt, auch die Wildheit einbaut, diese miteinander verbindet, und so den Übergang in eine ganz andere Welt glaubhaft macht – Pthor. Das fortan Atlanti heißt, was die Vorstellungskraft des Lesers anregt. „König von Pthor“ klingt nicht so mythenhaft gewaltig. Ich möchte die Abfolge der Verankerung und Umdeutung durch den Roman hindurch aufzeigen.

Die Verankerung in der echten Welt beginnt mit der historischen Quelle aller echten Atlantis-Legenden, das Zitat aus Platons Timaios ist dem ersten Kapitel vorangestellt. Dem folgt eine heitere Einführung: Der USO-Spezialist Carmel Sphinx und der Matten-Willy Purflinth, der ständig seine Form verändert und außerdem nach Whisky giert, warten in einem Wettbüro auf Aretosa. Ihre Namen und Requisiten sorgen für die Präsenz von Geschichte: Wenn man den Vornamen als „Kamel“ liest, so sind wir im alten Ägypten bei den Pyramiden. Die Steinzeit findet sich im Namen des Matten-Willy Purflinth, was nach der seit 1960 laufende Serie Familie Feuerstein – The Flintstones klingt. Das Pur- kommt vom Whisky. Carmel erinnert darüber hinaus an Karamelle, auch was Leckeres. Der USO-Spezialist verheißt Spannung, der Besitzer des Wettbüros ist ein typisch Voltz’scher vermeintlicher Underdog, der trotz erheblichen Reichtums ganz ärmlich gekleidet auftritt. „Rauschgifthändler“ (KvA, S.4) etablieren die Unterwelt, das Zwielichtige, später kommt die Sekte dazu. Jedoch tritt all das in den Schatten, wenn Aretosa auftritt. Bei Scheer waren alle Helden hager, bei Voltz schlank, Aretosa ist beides.

Die Rückkehr von Atlantis ist bis jetzt nur ein Gerücht, doch mit Aretosas von Suggestivkräften geprägtem Auftritt bekommt es ein Gesicht. Dieses wird genau beschrieben – blauschwarze Haare, unstete Augen, gelblicher Schimmer auf der Haut – und durch den Blickkontakt mit Sphinx in die Handlung geholt.

Sein „fremdartiger Akzent“ klingt exotisch, die „ganze Skala mühsam beherrschter Gefühle“ (KvA, S.5) verleiht seinem Anliegen Dringlichkeit. Auch Klement kann seine Gefühle im Zaum halten, trotzdem macht ihn die Aussicht auf eine neue Wette nervös. Während alle so um Aretosa herumstehen, verkündet dieser das Auftauchen eines einschlägigen Artefakts in zwei Wochen und die Ankunft von Atlantis am 30. August im Atlantik. Die Wettsumme, eine Million Solar, wird wiederholt und bestaunt, doch wie unter einem Zwang, trotz einer Warnung vom Instinkt, hält Sphinx die Wette. Er wünscht sich aufzugeben und wird von seinem Trotz auf Kurs gehalten – auch dies ein Charakterzug vieler Voltz’scher Helden.

Mit dem Erzählen seiner falschen Lebensgeschichte – parallel zu Razamons Alias als Aretosa und als Vorbote der Umdeutung von Atlan’s Identität – gewinnt Sphinx seine Sicherheit zurück, und er ficht Aretosas Aussage an. Trotzdem gibt er ihm seine Karte und bietet ihm an, gemeinsam zum Anwalt zu gehen. Doch Aretosas Interesse scheint erloschen: „Vielleicht rufe ich sie an“ (KvA, S.6) sagt er, bevor er geht. Sein Anliegen ist ihm folglich wichtiger als eine Million Solar, es scheint also ganz enorm wichtig zu sein.

Um ihn aufzuhalten, fragt Sphinx nach dem Grund seines Hinkens. Aretosa scheint nach Erinnerungen zu suchen, sieht richtig traurig aus und landet dann die Sensation: „Es ist nichts […] Lediglich ein Zeitklumpen“ (KvA, S.7). Nebenbei: Auch der Wilde senkt „traurig“ den Kopf, als Dunn Benyon zugibt, den Tanz beobachtet zu haben (IRM, S.89), was Benyons Abschied von der Menschenwelt und die Eingliederung ins neue Leben einleitet. Ansonsten kommt dieses Adjektiv nicht vor.

Mit der derart aufgestachelten Neugierde beginnt der Leser das zweite Kapitel, in dem es ebenfalls um Erinnerung und Zeit geht, allerdings in Form eines Abschieds. Das Gespräch zwischen Irsthya und Atlan haben wir bereits besprochen. Wir treffen den Arkonidenfürsten im Alltag an: Er ist deprimiert, wäscht sich im Gästebad, frühstückt Toast und Kaffee in der Küche. Grund des Abschiedes ist allerdings seine PR-spezifische Langlebigkeit, und mit der Explosion, die Irstya tötet, lernen wir den Fanatismus der Atlantis-Sektierer kennen. Atlan steht benommen da, und diese Betäubung wird er den größten Teil des Romans behalten. Er hat erst die Trennung erlebt, dann mörderische Feindschaft in seiner Wahlheimat. So beginnt sein Abschied von Terra, und dramaturgisch gesehen kann er sich auf diese Weise in aller Ruhe auf die neue Situation umstellen. Razamon wird gestellt, während Atlan sich einstellt. Sobald es um Pthor geht, übernimmt er unmittelbar die Führung.

In der zweiten Szene des zweiten Kapitels blendet Voltz um zu Perry Rhodan, der mit Allan D. Mercant und den dunkelhäutigen Chefredakteur des ASTRA konferiert. Exotisch damals, heute ganz normaler Multikulturalismus, und Autoritäten unter sich. Und wieder Alltag: Der Redakteur hat von der Schreibtischarbeit Fett und Doppelkinn bekommen. Wieder haben wir altertümliche Technik der damaligen Gegenwart – es gibt öffentliche Sprechzellen, in denen man ein Tuch über das Aufnahmegerät hängen kann. Die Herren verurteilen die Sekte und sehen Atlans „Vergangenheit und Namen“ (KvA, S.8) als Anlass für die Geschehnisse. Sie bezeichnen als verrückt, dass die Ewigen Atlanter Atlan als Gottheit verehren. In der Verneinung kommt aber schon zur Sprache, dass man ihn mit Übermenschlichem in Verbindung bringt.

Als Atlan dann kommt, springt zunächst einmal wieder Rhodans Mutterinstinkt an, er erkennt sofort seinen Schockzustand und spricht „sanft“ mit ihm (KvA, S.10). Aber Irstyas Tod war für Atlan nur der Anfang, er ist überzeugt, dass sein „Name beginnt, sich als eine Art Fluch zu erweisen“, der alle trifft, die ihn kennen. Er kündigt an, die Erde zu verlassen, woraufhin Rhodan einwendet, sie sei seine Heimat und er gehöre zu ihnen. Hier ist der Ablöseprozess in ein neues Stadium getreten: Aus der Trennung von Irsthya wurde die Trennung von der Erde, aus den hoch angesehenen Helden ein Fremder, der Unglück bringt. Atlan will fort, Rhodan aber ermahnt ihn, dass man vor seinem Namen nicht fliehen kann.

Mit dem nächsten Abschnitt sind wir wieder bei den Gerüchtemachern, in diesem Fall beim braunäugigen falschen Propheten Casneur. Er war gerade auf den Osterinseln gewesen, dem Ort der uralten geheimnisvollen Statuen, um mit seinen Sektenanhängern für die Erwckung des schlafenden Gottes Atlan zu beten. Die in weiße Gewänder gehüllte Atlantis-Sekte hat den Stierkopf als Emblem, der an Kreta und den Minotaurus erinnert. Dies gehört zu einer ganzen Gruppe von Anspielungen auf den realen Mythos. Carmel Sphinx und Purflinth evozieren Ägypten, und auf dem mysteriösen „uralten Artefakt“, dessen Kopie Razamon in Umlauf gebracht hat, erscheint eine „Hieroglyphenzeile“ (KvA, S.22). Wer ein bisschen die Schule besucht hat und Fernsehen schaut, kann alle nötigen Assoziationen herstellen.

Casneur ist nicht wirklich schwarzhaarig, er trägt eine Perücke. Und er ist auch kein echter Prophet. Im Anschluss an seine Rede, in der er Atlan zum Herrscher und Gott über das wiedererrichtete Atlantische Reich ausruft, zeigt er ein Video mit sich als Hauptakteur. Sein Manager erzählt ihm von dem Artefakt, das neuerdings im Umlauf ist, und sie wollen es kaufen. Als Casneur lieber aufhören möchte, witzelt sein Manager, Casneur sein der „König von Atlantis“, wenn an der Sache etwas dran sei. Und da Casneur es offensichtlich nicht ist, erweitert sich der Platz, den Atlan als König einnehmen kann.

Das dritte Kapitel führt uns zurück ins Wettbüro, das Aretosa gerade verlassen hat, und auf den Boden der Tatsachen. Die Taxipilotin, die die Agenten erst sehr misstrauisch behandelt, bringt sie in eine Zone zwischen dem Ende der Hightech – Transmitterstationen und Transportbänder enden hier – und den Beginn des Uneinschätzbaren, dem sie nachgehen, indem sie den Fremden verfolgen: „Sie kamen gerade noch rechtzeitig, um den geheimnisvollen Mann eines der Häuser gehen zu sehen […] Ein ganz normales Haus in einer normalen Umgebung“ (KvA, S.13), das sie hinter einer großen Ulme stehend beobachten. Der Matten-Willy fließt durch Zaun und Ritzen, um sich Zutritt zu verschaffen, während Sphinx die spießige Nachbarin befragt, der der Fremde verdächtig ist.

Puflinth hört und sieht Licht und Bewegungen, aus denen er schließt, dass der Fremde Hilfe braucht, doch als er mit Sphinx zurückkommt, steht Aretosa in der Haustür und hat die Situation im Griff. Er zeigt ihnen seinen Trainingsraum im Keller, in dem er dicke Eisenstangen verbiegt, um sich abzureagieren. Der Willy zeigt lustige Körperformen, während dem Agenten der Ernst der Lage, die Begegung mit etwas ganz anderem, bewusst wird: „Seine Furcht wuchs noch. Er ahnte, dass er auf etwas Ungeheuerliches gestoßen war, aber er fürchtete sich gleichzeitig davor, die endgültige Wahrheit in Erfahrung zu bringen. Die Eisenstange fiel klirrend zu Boden. ’Wer sind Sie, Tervor Aretosa’, stieß er hervor.“ (KvA, S.17)

Im vierten Kapitel eröffnet Voltz den Raum für die große Veränderung, so wie er die Räume, in denen etwas geschieht, stets eindeutig beschreibt, ehe sie betreten werden. Der räumlichen Verankerung dienen die Koordinaten von Atlantis, die im Roman mehrfach wiederholt werden, auch, dass die Lage vor der Küste Afrikas benannt wird. Afrika ist für den Durchschnittsdeutschen damals der Ort von Zauberei, Wildheit und Geheimnis.

Auch die Protagonisten des Romans kommen von überall auf der Erde. Hier sind es der stille Brite Essex und der Portugiese Carragitrio, stilecht mit Temperament und Knoblauchzehe ausgestattet. Sie starten von Lissabon, um sich plötzlich mit wirren Instrumentenanzeigen an einem großen Strudel wiederzufinden, der sie verschlingt – Däniken lässt grüßen, durch den Bekanntheitsgrad der Mythen zum Bermudadreieck erscheint das Erlebnis der beiden vertraut. Noch dazu erinnert sich Carragitrio an entsprechende Berichte aus dem fiktionalen Jahr 2648, als ein seltsamer Blitz übers Meer huscht, der den normalen Horizont wie eine Schmutzschicht wegzuwischen scheint, und die „dahinter liegende strahlende Helligkeit sichtbar werden zu lassen“ (KvA, S.17).

Als die Instrumente versagen, orientieren sie sich nach der Sonne, erzählen von Diskussionen über Atlantis in Carragitrios Weinstube, dann wird, im Einklang mit gängigen ethnozentrischen Stereotypen, zuerst der Portugiese vom Strudel verschlungen, dann der blonde Engländer. Hiermit wurden Dänikens Ideen in die fiktionale Ebene des Perryversums eingebracht, und der Leser weiß jetzt, dass da wirklich was kommt. Damit hat er einen Informationsvorsprung vor den Autoritäten, was jeder mag. Auch hier hat der Leser einen Anreiz, sich kompetent zu fühlen. Der sachliche Berichtstil des letzten Satzes bekräftigt die Seriosität der Information.

Das fünfte Kapitel führt uns zurück zu Artetosa, der Sphix’ Frage echot und beantwortet: „Wer ich bin? […] Ein Heimatloser – vielleicht“ (KvA, S.20). Womit er den Gleichstand mit Atlan erreicht. Als ganz Fremder offenbart er sich, als Sphinx bemerkt, dass sein Spiegelbild keine Augen hat: „Sie sind überhaupt kein Mensch […] Sie sind irgendetwas anderes, ein Monstrum.“ (KvA, S.20), woraufhin ihm Razamon mit einem „lässig ausgeführten Schlag“ das Nasenbein bricht, anschaulicher Ausdruck dafür, dass er seine Nase nicht in seine Angelegenheiten stecken soll. Er weist ihn zurück: „Niemand nennt mich ein Monstrum“. Er trinkt keinen Alkohol, will seine Ruhe und gleich Atlan kündigt er an, wegzugehen. Als die USO-Agenten das Haus verlassen, ist es hochtechnisiert und Aretosa erklärt via Bildsprechanlage, dass die Tür jetzt offen sei.

Dies leitet über zum folgenden Absatz, in dem die beiden mit Allan D. Mercant über das Artefakt sprechen. Es wird durch Zahlen und exakte Bezeichnungen sehr anschaulich beschrieben, und die Frage nach dem Verbleib des Originals taucht auf. Wieder richtet sich die Aufmerksamkeit auf Atlan, als Mercant drüber nachdenkt, ihn und Rhodan zu benachrichtigen.

Im dritten Abschnitt des Kapitels ist die Idee Wirklichkeit geworden, denn Die beiden Agenten stehen vor Atlan. Der zeigt Souveränität und Stil: Kaffee und Whiskey gibt es bei ihn, arkonidische Möbel und eine Diskussion über die fehlenden Augen im Spiegelbild und auf dem Artefakt. Atlan beruft sich auf seine Lebenserfahrung, die den gewohnten Konstanten des Perryversums entspricht: Er sah Atlantis untergehen, eine Rückkehr ist unmöglich. Als Sphinx auf seine Aufforderung zu erzählen beginnt, tut er es stockend, dann vergisst er die Anwesenheit des berühmten Atlan und spricht offen und „ohne Hemmungen“ (KvA, S.24) – so wie wir es von Atlans Erzählungen aus der Vergangenheit kennen. Die beiden haben Rollen getauscht.

Im vierten Abschnitt – nur die mittleren Kapitel des Romans haben so viele – sind wir bei der „totalen Wetterkontrolle“ (KvA, S.24), Carel Czibor, offensichtlich ein auf der Azoreninsel Terceia arbeitender Ungar, vergleicht Satellitenaufnahmen mit vorgefertigten Rasterbildern. Er entdeckt den seltsamen weißen Fleck, den Strudel, der die BENOR verschlang.

Das sechste Kapitel beginnt drei Wochen später mit einer Konferenz von noch mehr Autoritäten: Mercant, John Marshall und Waringer sind da, Bull und Atlan kündigen sich vorsichtshalber an, um ein Treffen mit einer „Delegation dieser Atlantis-Spinner“ (KvA, S.26) zu vermeiden. Atlan verzichtet auf sein Hausrecht, um ihnen aus dem Weg zu gegen. Rhodan mahnt Atlan, er, der „Kristallprinz“, müsse sich um sie kümmern, und Atlan wirft ihm vor, sie aufzuwerten, wenn er sie empfängt. Rhodan weist auf die konkreten Ereignisse hin, die verschwundenen Boote und die Schlagzeilen. Erregt, aber leise bringt er zur Sprache, dass er Atlan überreden musste, überhaupt dazubleiben, obwohl er im Mittelpunkt des „Rummels“ steht, als den Atlan die Aufregung bezeichnet, und die ihm auf die Nerven geht. Nathan hat die geheimnisvolle Schrift auf dem Artefakt entschlüsselt, und sie spricht vom Planeten einer gelben Sonne, der über die Jahrmillionen von mehreren zyklisch auftretenden Sintfluten heimgesucht wurde, deren jede von der Ankunft und dem Untergang von Atlantis ausgelöst wurde. Atlantis wird als Pthor bezeichnet.

So bestätigt die höchste technische Autorität, die Mondpositronik, die Identität der beiden, was Atlans Lebenserfahrung ein Stück weit annulliert. Er schweigt denn auch, während alle durcheinanderreden, und merkt nicht, als sie gehen. Nathan prognostiziert das baldige Wiederauftauchen von Atlantis, was Bully als „Horrorgeschichte“ sieht, so wie Shinx den Aufenthalt in Razamons Haus als „Alptraum“ erlebte. Mercant sieht eine Extraterrestrische Macht als Drahtzieher.

Atlan lässt währenddessen die Vergangenheit Revue passieren, die Druuf, den Aufbau von Atlantis und seinen Untergang durch die Zeitüberlappungszone. Er ist so weit weg, dass er den Abschied der anderen verpasst – so wie Bully am Schluss den Abschied von ihm verpassen wird – und setzt das Gespräch mit Rhodan alleine fort. Rhodan mutmaßt, das es sich um zwei verschiedene Atlantisse handelt, und Atlan fordert das Aufstellen von Feldprojektionssatelliten – er als einziger zieht die praktischen Konsequenzen aus der Warnung des Mondgehirns.

Mit dem siebten Kapitel begegnen wir Razamon unter seinem eigenen Namen. Der neue Abschnitt wird durch ein neues Zitat hervorgehoben. Es stammt vom spanischstämmigen Philosophen und Literaturkritiker George Augustin Nicolas de Santayana: „Wer sich an die Vergangenheit nicht erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen“. Was sich augenscheinlich auf Atlans und Razamons Gedächtnisprobleme bezieht und die Beschränkung des Überlieferungszeitraums. Der in Wirklichkeit weit in die Vergangenheit hinein verlängert wird. Aber de Santayana war kein beschaulicher alter Spanier, sondern ein Amerikaner des 20. Jahrhunderts, und zwar ein maßgeblicher Vertreter des sogenannten Kritischen Realismus, der annimmt, dass „eine reale Welt existiert, die der sinnlichen Wahrnehmung entspricht, aber durch die Art und Weise der menschlichen Wahrnehmung nicht sofort und unmittelbar erkennbar ist aufgrund ihrer Verarbeitung durch den Menschen“ (“Kritischer Realismus“, Wikipedia). Dass also die Bewusstseinsprozesse des Menschen begrenzen, was er von der Wirklichkeit wahrnimmt. Diese Sichtweise geht d’accord mit Voltz’ Gestaltung der Wirklichkeit hinter der Wirklichkeit und den Gedächtnislücken Onkel Karls, mit denen er das Unbegreifliche verschleiert.

Wie der Parallelismus „Ein Wesen ohne Heimat ist einsam. Ein Wesen ohne Erinnerung an seine Heimat ist mehr tot als lebendig“ eindringlich versichert, laufen Razamons Gedanken ein ums andere Mal in diesen Gleisen. In diesem Kapitel ist er die personale Erzählerfigur, wir erleben seine Geadanken mit. So erfahren wir vom Bösen in ihm, ein Relikt aus Pthor, das er bekämpft, von seinem Vergessen nach all der Zeit, von seinem Untertauchen in ärmlichen Hotels. In einem von ihnen treffen wir ihn an. Es heißt Zoor, ein Name, dessen Bedeutung keiner kennt, und in den Verlorene leben, Künstler, auch hier einen in verblichener Uniform und einen Akonen namens Khor, der alte Zeitschriften liest – noch eine Weise, in der Zeit vorkommt. Nun ist es Razamon, der die Vergangenheit Revue passieren lässt, und dem Bösen in seinem Inneren nachspürt, während wir mehr über den Dimensionskorridor erfahren, auf dem barbarische Horden leben. Razamon knurrt, bekommt Klauenhände und „einen animalischen Ausdruck“ in den Augen, als es an der Tür klopft. Der alte Uniformträger, Oberst genannt, bittet um Hilfe – als Deserteur kann er keinen Arzt rufen. Auffällig in dieser Szene ist das präskriptive Menschenbild: Razamon ist gerührt von der armseligen Gestalt, „obwohl er kein Mensch war und auch nicht als solcher empfand“ (KvA, S.31). Was im Umkehrschluss heißt, dass jeder Mensch einen hilfesuchenden Fremden aus Mitleid sofort einlassen würde. Bemerkenswert.

Razamon ist voll guten Willens, aber er sagt dem Oberst, er würde ihn beim Versuch zu helfen umbringen. Trotzdem fängt er an ihn zu massieren. Und dann beginnt auch schon sein Anfall von Raserei. Er sorgt noch für Hilfe für den Alten, dann rast er los, eine Spur der Verwüstung hinter sich lassend.

Erstaunlicherweise wird er von keinem Überwachungssystem bemerkt, denn er wacht in einem verwüsteten Park auf, und bei ihm ist ein Kind, dessen unschuldige Fragen er geduldig beantwortet. Noch ein wenig Alltag mit Tauben, ein wenig Endzeitvision, und Razamon geht zur Polizeiwache, um sich zu stellen.

Die Handlung rutscht kurz in der Zeit zurück zum Vortag, Sphinx verhört die Gäste der Pension und findet das echte Artefakt. Im dritten Abschnitt sind wir wieder bei Razamon im Polizeirevier: Wir begegnen einem unfähigen, spießigen Beamten, der Karteiblätter sortiert und erst von Razamon durchgeschüttelt werden muss, ehe er ihn verhaftet. Jedoch kommentiert Razamon als guter Durchschnittsbürger die Beförderungschancen des Mannnes: „Bevor man Sie befördert, muss die Welt untergehen“ (KvA, S.35), woraufhin der Beamte ihn und alle „Atlantis-Spinner“ als verrückt abtut.

In der vierten Szene informiert Mercant Atlan, dass das Artefakt 50 Millionen Jahre alt ist. Die beiden diskutieren, was am 30.04. passieren wird, über die Sicherheitsmaßnahmen und über die Zeitüberlappungsfront zur Zeit der Druuf. Dann erfährt Mercant, dass Aretosa gefunden wurde.

Währenddessen sitzt Razamon auf der Wache. Beim Lesen seiner Gedanken erfährt der Leser, dass Phtor die Horden der Nacht beherbergt und die Berserker, die jedes Leben zerstören, das nach den Flutwellen übrigblieb. Pthors Absicht ist die Vernichtung. Als Razamon zehntausend Jahre vorher zu diesem Zwecke auf die Erde kam, empfand er „nie gekanntes“ Mitleid (KvA, S.37) und half den Eingeborenen zu entkommen, wofür er mit dem unsterblich machenden Zeitklumpen bestraft und zurückgelassen wurde. Jetzt erfahren wir, dass er sich an die Erde angepasst hat und versuchte, durch Kopien des Parraxynt und Gerüchte auf die Gefahr aufmerksam zu machen. Er empfindet sich sowohl als Mensch wie auch als Pthorer. Somit hat er jetzt mehrere Übereinstimmungen mit Atlan erreicht. Mercant holt ihn ab, um die beiden zusammenzubringen. Er bezichtigt ihn der Lüge, aber Razamon besteht auf seiner Version.

Wie zu Anfang der Blickkontakt mit Sphinx zur ersten Interaktion führte, so löst die angedrohte Gegenüberstellung mit dem „Augenzeugen“ Atlan eine detaillierte Beschreibung der Ereignisse aus, die sie logisch miteinander verknüpft: Überlappungsfront und Dimensionskorridor trafen zusammen, Pthor und Atlantis teilten die geographische Lage. Nun sind beide fiktionale Ebenen, die alte und die neue, miteinander verknüpft. Und Razamon ist auf dem Weg nach Terrania mit der Bemerkung: „Wir haben vieles gemeinsam, dieser Atlan und ich“ (KvA, S.39).

Im achten Kapitel treffen Atlan und Razamon aufeinander und beginnen sofort, miteinander zu arbeiten. Als er auf Band spricht, wie früher Atlan, wiederholt er noch mal ausführlicher die eben neu eingeführten Informationen. Diesmal übersetzt ein Mann, keine Positronik, das Parraxynth. Razamon freut sich über Atlans Sicherheitsvorkehrungen.

Diese werden im nächsten Abschnitt beschrieben: Die Verteidigung des Solsystems nach außen, der Paratronschirm für das Materialisationsgebiet, Evakuierung der Küstenbezirke inklusive Fischfarmen und Rhodans Ansprache an die Bevölkerung. Die Realität der Gefahr wurde akzeptiert, und damit kommt die Welt in Ordung: Sekten, immer Voltz’ Feindbilder, verlieren ihre Mitglieder, falsche Propheten werden davongejagt, alle glauben an Atlan und Perry Rhodan. Nun kann das echte Atlantis kommen.

Im neunten Kapitel tauscht es denn auch ganz pünktlich auf. Die Größe des Ereignisses verdeckt nur, dass das Timing auch wieder in sehr beruhigender Weise alltäglich ist. Atlan hat gerade per Hypnoschulung Pthora gelernt, und schon unterhält er sich mit Razamon in dieser Sprache, was alle anderen ausschließt. Dann beginnt eine retardierende Phase des Wartes. Wissenschaftsgenie Waringer hält das Auftauchen von Atlantis nach wie vor für unwahrscheinlicher als einen Kometeneinschlag beim „Crest-Denkmal“ (KvA, S.42) – eine Remineszenz an Rhodans Mondlandung und den ersten Arkoniden, der der Serienentwicklung nach auf Terra lebte. Dann begleiten wir Sphinx und Purflinth, die in einem Boot die Gefahrenstelle bewachen. Nach langer Zeit verfinstert sich die Sonne, es wird dunkler, dass kommen funkelnde Lichter, das Meer glüht bis zum Horizont, eine stählerne Saite ertönt, und dann materialisiert hinter dem Schutzschirm die Landmasse. Sphinx fürchtet, wahnsinnig zu werden, und steuert weiter darauf zu.

Die „seltsame Insel“ (KvA, S. 46) wird ebenso exakt beschrieben wie das Artefakt, allerdings liegt es unter einer Dunstglocke. Die Menschen im Gefahrenbereich verlieren vorübergehend ihr Gedächtnis. Andere wenige begehen Selbstmord, viele sind erschüttert und empfinden panische Angst. Razamon sieht aus „wie eine steinerne Maske“ (KvA. S.46), mehr tot als lebendig. Das erinnert uns an die Osterinseln, von denen Casneuer zurückkam. Hier ist es der Beginn von Razamons Offenheit, die er Atlan entgegenbringt, sobald Pthor mal da ist. Rhodan spricht mit Tifflor, Atlan auf Pthora mit Razamon, als dieser konvulsivische Zuckungen bekommt. Alle bestätigen, dass es das echte Pthor ist, dass sich materialisiert hat, nicht Atlantis. Bully bringt die Gefühle rein: Für ihn „ist das alles eins“, womit er ausdrückt, „was alle mehr oder weniger intensiv empfanden“ (KvA, S.47). Somit kann es auch der Leser akzeptieren, womit der bekannte Mythos dem Pthor- Zyklus Schubkraft und Flaire verleiht. Der Fokus wandert wieder ins fiktional aktuelle Solsystem, als die Haltbarkeit der Paratronschirme angesichts der Mehrdimensionalität Pthors bezweifelt wird. Rhodan entmystifiziert den Gedächtnisverlust um die Insel, indem er ihn als Verteidigungsmaßnahme bezeichnet.

Nun wird Atlan endgültig aktiv: Auf seine Veranlassung hin stellt der Arzt fest, dass Razamons Spiegelbild keine Augen hat, und er spricht aus, dass dieser ein Berserker ist – einer der Männer aus der nordischen Sage, die Bärenkräfte und Bärengestalt entwickeln, wenn die Berserkerwut sie überkommt. Womit sich Knurren und Klauen erklären. Er setzt sich ans Krankenbett, empfindet eine „fast magische Anziehungskraft“ (KvA, S.49) des Fremden und denkt über Razamon nach: Seine Persönlichkeit und der Verlust seiner Menschlichkeit, die mit seiner Verwandlung in ein wildes Tier droht. Dann verdinglicht er ihn, indem er das Hosenbein des Bewusstlosen aufschneiden lässt, weil er den Zeitklumpen sehen will. Da gibt es aber nichts zu sehen. Zugleich geht er dabei ziemlich weit, unterschreitet den nötigen Abstand.

Das folgende Intermezzo mit dem Arzt kann man als Nebenhandlung sehen, es rückt jedoch Voltz’ zentrale Werte in den Vordergrund: Der Arzt missachtet Atlans schroffen Befehl, sich zurückzuziehen, weil er für den Patienten verantwortlich ist. Das erlebt dieser „ein neues Beispiel für die von ihm oft gepriesene terranische Unerschrockenheit“ (KvA, S.49). An diesem Übergang zwischen der alten Welt, zu der beide nicht mehr wirklich gehören, ein Beispiel von Zivilcourage, das ist programmatisch.

Als Razamon erwacht, besteht eine neue Nähe zwischen den beiden: Der Berserker lächelt, sagt auf Pthora, er habe gewusst, dass Atlan da sein würde, berührt seine Hände und fragt ihn, ob er ihm vertraue. Und hier kommt eine sehr bezeichnende Entgegnung: Atlan antwortet, er würde gerne, wisse aber nicht genug über ihn – er kenne sich selbst nicht gut genug. Razamon antwortet mit der Bitte, sich auf die Reise zu machen, ihn nach Atlantis zu begleiten. Das mythische Fremde wird zur Entsprechung des individuellen Selbst. Es geht darum, Atlantis zu suchen und sich selbst zu finden.

Das zehnte Kapitel beinhaltet Abschiede und Übergang. Rhodan erhebt Einwände, aber für Atlan ist längst Razamons Einschätzung ausschlaggebend. Obwohl dieser sich nicht erinnern kann, beispielsweise an den Zeitablauf dort. Als Razamon seine Absicht bekundet, Pthor zu betreten, um seine Heimat vor dem Zugriff böser Mächte zu retten. Kann Rhodan sich eines geringschätzigen Lächelns nicht erwehren, er bietet ihm Hilfe an. Doch Razamon geht allein, und Atlan hjört sich rufen, dass er mitkommt. Bully protestiert, aber Rhodan sieht ihre Entschlossenheit. Rhodan versteht sie, und er gibt dem dankbaren Razamon das wertvolle Parraxynth zurück, aber zugleich erkennt er sie als Fremde: In Gedanken sind sie bereits an ihrem Ziel. Bully beschwert sich, dass sie „als eine besondere Art von Wesen“ behandelt werden, und Rhodan stimmt zu: „Sie haben vieles gemeinsam“.

Als Razamon ankündigt, dass sie keine Ausrüstung mitnehmen werden, aber Atlan trotzdem den Shift voll packen lässt, kommt wieder der Blickkontakt ins Spiel: Razamon sieht ihn mit „unergründlichen Augen“ an. Dann verschwindet er mit dem Parraxynth, ohne sich zu verabschieden. Was Rhodan besser akzeptieren kann als Atlan: „Ihn und mich verbindet nichts“ (KvA, S. 52). Rhodan hat jene ganz besondere Fähigkeit, andere Leute in Ruhe lassen zu können.

Nun stützt sich wiederum Atlan auf die Überwachung der Mutanten, die Razamons Gedanken durchforscht haben – Kontrollgesellschaft. Während Rhodan vertraut. Erneut kommt die Zeit ins Spiel: Atlan fühlt sich „wie zu Beginn einer sehr langen Reise“ (KvA, S.53). Der Arkonide winkt ihm zu und startet, Bully verpasst den Abschied. Bully und Rhodan diskutieren die Erfolgsaussichten, Atlan und Razamon diskutieren die Menschen, die sie beide nur allzu gut kennen. Als sie sich Pthor nähern, sind sie von dem Gedächtnisverlust nicht betroffen, aber alle Kleider und Ausrüstungsgegenstände zerfallen, und sie werden splitternackt in Pthor ankommen – ein ganz gründlicher Schnitt mit dem alten Leben. Dann verliert Atlan auch noch das Bewusstsein, wie zuvor der Berserker, und sieht zuletzt das Gesicht Razamons – „das Gesicht eines Fremden“ (KvA, S.56)

Dies sind die letzten Worte des Hauptteils. Der Epilog informiert uns, dass Atlantis zwei Tage später verschwand, die Abenteurer nicht zurückkehrten, dass dies sei, als wären sie tot, und dass Atlantis Wirklichkeit und Mythos zugleich geblieben sei. Womit sich der Kreis schließt.

Ergebnisse

Um alles noch mal zusammenzufassen: Voltz hat eine erstaunlich schematische, stabile Vorgehensweise. Erst mal schafft er eine Atmosphäre ständiger kleiner Erfolgserlebnisse beim Lesen, hervorgerufen durch übersichtliche, stufenweise Schilderung. Wenn der Leser den Protagonisten begleitet, so kommt er in einen Rhythmus übersichtlicher Herausforderungen, die in absehbarer Zeit gelöst werden. Abgesehen vom jeweiligen Hauptproblem natürlich. All die fremden Planeten, Raumstationen, Fernraumschiffe betreten wir mit dem Protagonisten schrittweise und fühlen uns sicher dabei, weil wir immer wieder Abschnitte erfolgreich bewältigen.

Das Heimelige verstärkt sich durch die Nebenpersonen. Man trifft weniger Entdecker als Häuslebauer, die in fremder Umgebung einfach ihr nur ihr Leben gestalten wollen; viele Leute mit bürgerlicher Moral und bisschen Unternehmergeist im Sinne des „American Dream“, dem Traum der Homesteader, die in die Fremde gehen. Es gibt übersichtliche Konfliktkonstellationen zwischen paar Leuten in verfremdeter, aber regulierter Umgebung. Die Fremde ist überraschend, erstaunlich, anders. Es wird nicht vermenschlicht, die Außerirdischen haben nicht genau die gleichen Konflikte wie die Suchenden, das Fremde wird nicht auf diese Weise als „doch nicht so anders“ angeboten.

Außer im Überbau: Die seltsam spießigen bürokratischen Strukturen, denen wir bei Voltz immer wieder begegnen, werden gespiegelt durch entsprechende außerirdische Konstrukte: Kosmokraten und Statistiker. Die Welt der Terraner enthält technische Neuerungen, die der Fremden noch mehr davon. Aber das Individuum nimmt eine Sonderrolle ein. In den untersuchten Texten treten fremde Individuen – Carfesch, ES, die scheinbaren Wilden – als Boten höherer Organisationen auf. Atlan und Razamon, bei denen diese typische Sympathielenkung durch die schrittweise Entwicklung der Hauptpersonen zu finden ist, sind einerseits Boten der jeweiligen höheren Mächte andererseits Ankündiger des Unheils, aber sie sind lange schon auf der Erde heimisch und haben sich hier verändert. Die Erde ist der Ausgangspunkt jeder Entwicklung.

Der Durchschnittsleser ist der Ausgangspunkt der Reise. Das Exotische der Sternenvölker entspricht dem, was der typische Deutsche dieser Zeit als exotisch empfand: rote und schwarze Haare, grüne Schuppenhaut, eine Quest wie bei einem Ritterroman oder einem Aufbruch nach Übersee und der viele Raum, in den man hinausgehen kann. Dies beginnt bei der Sprache mit einfachen englischen Wörtern in konventioneller Bedeutung, setzt sich fort beim Rückgriff auf Textsignale für Heimatliches und Fremdes, die jeder versteht, wie „Siedler“, „Sphinx“, „Artefakt“ oder Wilde“. Man kann alles begreifen.

Einerseits begegnen wir dem Durchgefallenen, dem Loser, dem Außenseiter, der sich bewährt, das Greenhorn, das seinen Weg findet, seinen eigenen, der aber allen gut tut. Sogar Perry Rhodan bekommt rückwirkend eine Außenseiterrolle als komisches, lesendes Kind, der sich seine ursprüngliche, ihm als Kind innewohnende Vision bewahren kann. Diese Vision, mit der er die Welt eint und sich alle Größen des Universums gewogen macht, gründet auf seiner kindlichen Unvoreingenommenheit, die er sich bewahren konnte im Gegensatz zu den vielen, die sie vergessen haben, sich bei der Begegnung mit ihm aber daran erinnern und sich wieder trauen, sie selbst zu sein und sich auf was einzulassen, Werte zu wagen und Offenheit.

Diese Offenheit ist eine zutiefst menschliche im ganz ursprünglichen Sinne des Wortes. Ihr Ergebnis ist eine Welt, in der man leben kann und andere leben lassen. Das Individuum, das auf seiner Suche in der Auseinandersetzung mit der Gesellschaft und auch in Absetzung zu ihr seinen Weg macht, rettet die Gemeinschaft. Gefördert wird es dabei von höheren Mächten, die zwar bürokratisch auftreten und denen es gar nicht unbedingt um den Einzelnen geht, die ihm aber die Möglichkeit geben, weiterzuleben. Kosmokraten und Statistiker sind einer ihrer Ausdrücke, der andere ist das Licht. Das Licht dient als Ausblick und eigentliche Wirklichkeit.
Wer diese Wirklichkeit erlebt und den Weg zu ihr findet, ist aber der einzelne Suchende, den wir Leser begleiten. Und da wir das Gelesene imitieren, und in ihm wieder finden, treffen wir auf einen Charakter, der so ähnlich ist wie unserer: In einer spießigen Umgebung sitzend mit dem Wunsch nach Weite und Abenteuer, nach Aufbruch. Und wegen dieses Einflusses erinnern wir uns an diesen Wunsch und werden angeregt, ihn aus der Mottenkiste zu kramen. Wir begleiten die schrittweisen Veränderungen der Protagonisten und beginnen, selber welche zu machen. Die sichere Umgebung der Voltz’schen Werke, seine Wertschätzung des Einzelnen ermutigt uns, diese Ebene zuzulassen und ebenfalls ein wenig aufzumachen, aufzubrechen, wieder selber zu denken, wir selbst zu sein – nicht das, was wir nach irgendwelchen Aussagen diverser Fachleute sein sollen, sondern was wir als uns selbst empfinden.

Ganz wichtig: Diese Art Selbstbezogenheit ist kein Egotrip, der der Voltz’sche Einzelne setzt sich mit der Gesellschaft auseinander und tut ihr gut. So wird auch nachvollziehbar, warum die Welt, die Rhodan zu den Sternen führt, so spießig ist. Der Leser erkennt die eigene Welt, ein wenig übersteigert unangenehmer, als er sie erlebt, und erkennt sich in ihr. Wenn er lebt und offen ist, beginnt er seinen Weg zu gehen. In dieser Ermutigung liegt meines Erachtens der eigentliche, unübertrefflich hohe Wert, den William Voltz ins Perryversum einbrachte.

Textgrundlagen in der zitierten Ausgabe:

IRM ist „Ich, Rhodans Mörder“ (Planetenroman Nr. 24, 2013)

KvA ist „König von Atlantis“ (als e-book)

DT ist „Der Terraner“ (PR 1000, Erstauflage)

KdA ist „Kaleb, die Antenne“ (im William Voltz Gedächtnisband, 1984)

DP ist „Der Preis“ (ebd.)

DG ist „Das Grauen“ (PR 74)

DPT ist „Das Psycho-Team“ (ATLAN Nr. 3, 2. Auflage)

AEdM ist „Am Ende der Macht“ (PR 299)

RSiN ist „Raumschiff SOL in Not“ in „ATLAN – das absolute Abenteuer, Bd. 1, 2013)

© Alexandra Trinley 2014