(Rezension) Verena Themsen: Angriff der Gyanli (PR 2881)

Gucky und Lua Virtanen finden sich in einer beginnenden Raumschlacht wieder. Es geht ums Aggregat, die Fluchtburg aller unterdrückten Orpleydianer, die von den Aggressoren zerpulvert wird. Die beiden sind an Bord der HARVEY, jener mit allen Finessen der Tarntechnologie ausgestatteten Space Jet, und beobachten den Angriff der Gyanli auf die SAMY GOLDSTEIN.

Der 500 Meter durchmessende Schwere Kreuzer hatte sich auf die Lauer gelegt: Man wollte ein Gyanlischiff aufbringen, um sich die Besatzung in aller Ruhe und aus der Nähe betrachten zu können. Doch das größte der in königlichem Purpurrot schimmernden Gyanli-Schiffe ist ebenso dick wie der Kreuzer und viermal so lang. Ein ungleicher Kampf, der mit viel Aufgebot an technischen Details geschildert wird.

Die kleine HARVEY bleibt so lange unbemerkt, bis sie mit einer von den Gyanli gelegte Raummine zusammenstößt. Sobald diese sie bemerken, nimmt eins ihrer Schiffe auf das fast unbewaffnete 34-Meter-Schiff. Eine aussichtslose Situation. Doch da enttarnt sich die drei Kilometer durchmessende RAS TSCHUBAI. Die HARVEY ist gerettet, die Galaktiker haben gewonnen. Nur die geplante Kaperung schlug fehl.

Die RAS TSCHUBAI macht sich reisefertig: Das Omniträgerschiff schleust seine Beiboote ein, dockt die restlichen an. Im Staubmantel, am Aggregat will sie dem eigentlichen Angriff der Gyanli begegnen. Lua Virtanen muss das Riesenschiff lotsen, alles steht und fällt mit ihrem Erfolg. Auf ihre Fähigkeiten angesprochen und ihre Jugend, beharrt die auf dem ebenso riesigen Richterschiff ATLANC aufgewachsene und ausgebildete Tochter des ANC darauf, der Herausforderung gewachsen zu sein. So dringt die RAS TSCHUBAI unter ihrer Anleitung in den Staubmantel ein.

Dem Mädchen wird ganz anders, als der Lotse To’a-Anum-Che an Bord kommt, eine intelligente Pflanze in Symbiose mit einem Insekt, weil sie den Mord der Gyanli an seinem Artgenossen noch allzu frisch vor Augen hat. Dieser Kampf auf Leben und Tod, den ein infiltrierter Gyanli dem Lotsen, ihr und ihrem Gefährten Vogel Ziellos geliefert hatte, liegt kaum hinter ihnen. Und der Gyanli hatte es geschafft, die Daten zu stehlen, mit denen die Flotte der Angreifer nun navigieren kann.

Der To’a-Anum führt das Omniträgerschiff zum Aggregat. Diese von buntem multikulturellen Miteinander geprägte Fluchtburg will sie verteidigen, bis möglichst viele Bewohner in Sicherheit sind. Das Aggregat ist zusammengebaut aus den Raumschiffen der Orpleyd-Bewohner, die sich vor der Aggression der Gyanli hierher geflüchtet haben, und das sind ganz schön viele – immerhin durchmisst der Zentrumskern der Konstruktion 21 Kilometer und die Seitenarme sind bis zu 43 Kilometer lang.

Lua tut alles, um bei der Rettung der „Staubtaucher“, wie sie sich nennen, zu helfen, so wie auch alle anderen Besatzungsmitglieder der RAS TSCHUBAI ihr Bestes geben. Alle noch flugfähigen Raumschiffe werden aus der Koppelung gelöst, nehmen Flüchtlinge auf und planen, in mehreren Verbänden zu bestimmten Fluchtpunkten zu fliegen. Der Lotse To’a-Anum-Che stirbt. Nun soll Lua einen dieser Verbände führen. Auch in der RAS TSCHUBAI finden Flüchtlinge Platz.

Alles wird mit größter Eile betrieben, doch die Vielfalt der Bewohner – ihre Körperformen, ihre Atembedürfnisse – verlangsamen die Räumung des Aggregats. Als am 28. August 1522 NGZ 100 Einheiten der Gyanli angreifen, sind die Vorbereitungen noch längst nicht abgeschlossen. Deshalb kommt es zur Raumschlacht. Die RAS TSCHUBAI und ihre Beibootflottille versuchen, den die zur Flucht benötigte Zeit zu verschaffen. Einige Kampfschiffe der Staubtaucher stürzen sich ebenfalls in den Kampf. Sie erleiden schwere Verluste. Mehrere Schiffe der Galaktiker werden schwer beschädigt, acht MINERVA-Kreuzer vernichtet.

Was für Lua und Vogel eine persönliche Katastrophe ist: Im Durcheinander der Schlacht werden sie getrennt. Vogel findet sich in die RAS TSCHUBAI wieder, Luas Verband ist ohne ihn abgeflogen. Damit hängt sein Leben an einem seidenen Faden, denn er teilt sich mit Lua einen Zellaktivator, und wenn er sie nicht binnen 62 Stunden wiedertrifft, stirbt er.

Lua erschrickt bis ins Mark, als sie die Situation begreift. Doch vor die Wahl gestellt, tausende Leben zu retten oder das ihres Partners, stellt sie sich der Verantwortung, wird eins mit dem Schiff und der Navigation. Sie lotst ihren Verband in Sicherheit. Die Gyanli zerstören die Reste des Aggregats, zerpulvern die Trümmer. Ohne Vogel kann Lua sich schlecht konzentrieren, ertrinkt in Sorgen, hat Angst. Dann greifen die Gyanli wieder an und sie tut, was zu tun ist: weitermachen.

Als Gucky an Bord der RAS TSCHUBAI den Ernst der Lage erkennt, tut er sein Bestes, um Vogel zu beruhigen. Er macht er sich Vorwürfe, denn sein Fehler hat die Trennung verursacht. Dem jungen Mann geht es immer schlechter. Er bricht zusammen, kommt in die Medoabteilung und versetzt sich, Vogel, der er ist, in eine Starre, einen Torpor. Dadurch kann er in letzter Minute gerettet werden, denn Lua trifft erst kurz vor Ablauf der 62-Stunden-Frist am Rendezvouspunkt ein.

Gucky teleportiert den fast Toten zu Lua, deren Nähe ihn wiederbelebt. Momente vorher ahnt sie seine Anwesenheit, empfindet Vogels Nähe wie eine Bedrückung, der sie entkommen könnte: Immerhin dürfen die beiden sich niemals trennen, in Ewigkeit nicht. Dann sieht sie Gucky und ihn und läuft auf ihn zu.

Die Schlacht ist vorbei. Viele der entkommenen Staubtaucher kommen bei freundlichen Tiuphoren unter. Immer noch fällt es den Galaktikern schwer, in dieser Rasse etwas anderes zu sehen als jene kunstvoll tötende Mörderbande, die sie in der Milchstraße kennenlernten. Doch die Orpleydianer kennen nur freundliche Tiuphoren. Die geflohenen Staubtaucherschiffe setzen sich an einer anderen Stelle des Staubmantels zu einem neuen, notdürftig kleinen Aggregat zusammen, das im Lauf der Zeit wachsen soll.

Ihr Anführer Pedcos und Gucky sichern sich gegenseitige Hilfe zu. Die RAS TSCHUBAI will zur Heimatwelt der Tiuphoren fliegen. Man hofft, dort einen Ansatzpunkt zur Rettung Perry Rhodans zu finden. Der Aysser kennt die Koordinaten, verweist sie jedoch auf Gebote der Höflichkeit: Sie müssen die Tiuphoren selber danach fragen, und weil die so hilfbereit sind, geht es bald darauf los.

Erneut haben Verena Themsen und Michelle Stern (PR 2880) ihre Romane eng aneinander angebunden. Beide haben gleiches Personal, gleiche Orte, den gleichen Konflikt auf militärischer und persönlicher Ebene. Verschieden ist die Gestaltung: Hier findet sich ein weiter Raum, in dem der Kampf tobt, sehr viel beschriebene Technik und in der Beziehungskiste zwischen Lua und Vogel geht es vor allem um das Selbstbewusstsein einer begabten jungen Frau, die sich zwischen der Verantwortung für Tausende und der privaten Beziehung entscheiden muss – was dank Mausbiber Gucky gerade noch klappt. Mir liegt dieser Schwerpunkt ungleich mehr.