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»Die vierte Wand« von Holger Döring

Es war dunkel.

Finster.

Perry horchte auf und hob den Blick. Stille und Schwärze – bis auf das wenige Licht, das von seiner Schreibtischlampe auf die Tischoberfläche fiel. Mit einem Fingerdruck löschte er das Holo und es wurde noch dunkler.

Kein Wunder: Drei Uhr morgens, und selbst Terrania, die ewig pulsierende Stadt lag in einigen Bezirken im Schlaf. Im Regierungsviertel jedenfalls. Aber so still? Als wäre niemand mehr da und er der einzige Mensch auf der Erde, auf Terra?

Perry erhob sich und sah auf den Kalender. Er musste schmunzeln: Ja, es war der Jubiläumstag. Man schrieb das Jahr 2031 terranischer Zeitrechnung und vor genau sechzig Jahren war er mit der STARDUST zum Mond aufgebrochen. Viel war seitdem geschehen: Topsider, der Overhead, Springer, das galaktische Rätsel, Arkon und der Robotregent.

Das kleine, aber stetig wachsende Solare Imperium breitete sich still und heimlich im lokalen Spiralarm aus. Das war sein Werk – und das seiner Mitstreiter wie Bull, Mercant, Freyt, der Mutanten wie Marshall, Gucky und vieler anderer.

Ungestört von Arkon entwickelte sich das aus der Dritten Macht entstandene, kompakte Imperium zu einer heimlichen Großmacht. Noch war nicht der geeignete Zeitpunkt, um an die galaktische Öffentlichkeit zu treten; dazu war die Menschheit noch immer nicht stark genug. Aber vielleicht in zwanzig bis dreißig Jahren …

Die Stille hielt an. Nun war er doch nervös geworden und stand auf, schob den Strahler, der auf dem Seitentisch lag, in den Gürtel und horchte: kein Geräusch. Die Fenster, die auf den großen Boulevard zeigten, waren natürlich schalldicht, aber dennoch: War denn das ganze Regierungsgebäude leer? Wo waren all die Mitarbeiter, die ein Imperium auch in der Nacht am Laufen hielten? Pausenlos wurde schließlich hier gearbeitet, nicht nur die Roboter und Positroniken.

Perry verließ sein Büro und trat auf den Gang. Automatisch erhellte sich der lange Korridor, doch das Licht kam ihm irgendwie trübe vor. Als würde von irgendwo her Energie aus den Geräten entzogen. Aber er zuckte die Achseln und ging vorwärts. Jetzt wollte er doch einmal sehen, wo sie alle geblieben waren, seine Mitarbeiter. Der Alarm hatte nicht angeschlagen, es gab keinen Notstand.

Zwischenspiel

Die Raum-Zeit wallte auf, kräuselte sich, als eine Resonanz zu pulsieren begann. Langsam überlappten sich zwei Kausalebenen im Hyperraum und streckten ihre Projektionen bis in den Einstein-Kosmos vor. Doch noch war das Potenzial der Kräfte passiv. Erst langsam erschlossen sich die neuen Möglichkeiten der Weltausrichtung und die Anpassung erfolgte nur zögernd. Die kausale Resonanz begann zu schwingen und erschütterte so den deterministischen Makroraum.

*

Perry hatte inzwischen drei Gänge und zwei Antigravschächte benutzt und trat auf die große Straße unter dem Gebäude. Der Mond, Luna, schimmerte am Himmel und verdeckte so die Sterne. NATHAN, das neue Mondgehirn, war noch im Aufbau, doch Luna wurde auch als neue Schiffswerft der Solaren Flotte, als Militärbasis ersten Ranges ausgebaut, nach dem Vorbild von Arkon III. Perry musterte die leere Straße. Das Streulicht schimmerte aus einigen geschlossenen Geschäften und in der Ferne patrouillierte ein Polizeirobot. Es war also alles in Ordnung. Dennoch verspürte er ein seltsames Gefühl.

Langsam ging er die leere Straße entlang, neben dem Gleitband, weil er nachdachte und jetzt keine Schnelligkeit gebrauchen konnte.

Endlich traf er am lokalen Transmitterzentrum ein und betrat den hohen Raum, in dem drei Gittertransmitter der Ferronen standen, die aber natürlich von ES stammten, dem mysteriösen Geistwesen, dem er seine Zelldusche verdankte.

Jetzt aber wollte er den Gemeinschaftsraum aufsuchen; den Besprechungssaal für die Geheimnisse hoher Priorität, der nur über Transmitter zu erreichen war, aus Sicherheitsgründen. Auch ein noch kleines Imperium musste in solchen Dingen vorsichtig sein.

Er aktivierte den ersten der Transmitter, tastete die Kombination ein und trat durch das Flimmern.

Zwischenspiel

Die kausale Störung verspürte einen Impuls auf Hyperebene und gab der Stimulation nach. Ein Transportimpuls wallte auf und wurde durch die Strömungen der multikausalen Schicksale umgelenkt. Doch war die Beharrung der eigentlichen Raumzeit zu stark und es gelang keine vollständige Umwandlung, nur eine temporäre Überlappung sekundärer Art.

*

Perry wurde durch den Hyperraum geschleudert. Für einen Augenblick verspürte er seinen materiellen Körper, obwohl er doch stofflos sein musste. In der Ferne schimmerte ein heller Fleck, der sich rasend schnell näherte. Er tauchte ein in die Helligkeit, fiel unter die Decke eines hohen Raumes und sah ein Bild unter sich:

Er sah Menschen, Terraner offensichtlich, aber mit seltsamer Primitivtechnik. Sie schienen zu feiern.

An der Wand sah er ein Plakat: 60 Jahre PERRY RHODAN! Daneben war er selbst abgebildet, das bekannte Konterfei in seinem berühmten Helm. Sechzig Jahre, das war wohl das Motto, aber bevor er noch Genaueres erkennen konnte als einen Wandkalender mit der seltsamen Aufschrift 1961 – 2021, wallte es energetisch um ihn auf, zog ihn der Transmitterstrudel wieder in die Ferne. Er hörte nur das Klingen von Sektgläsern und dann flimmerte eine neue Transmitterwelle um ihn auf und er hörte bereits die Rufe, bevor seine Augen noch klar wurden:

»Da ist er ja! Hat wieder zu lange gearbeitet! He, Perry, hier!« Bully stand vor ihm und drückte ihm ein Glas in die Hand.

»Feiern wir auf sechzig Jahre Dritte Macht und Solares Imperium! Wir schreiben das Jahr 2031!« Bull lachte dröhnend, als Perry sich umsah. Gucky grinste vor ihm und entblößte den großen Nagezahn, ein Glas Möhrensaft in der Pfote. Mercant prostete ihm zu. Selbst der sonst etwas steife Freyt kam auf ihn zu mit einem Glas in der Hand. Adams stand bescheiden an der Seite und trank ein Glas Tee! Perry seufzte – aber hob sein Glas und tat seinen Freunden Bescheid! Dabei dachte er über die seltsam verdrehten Jahreszahlen nach, die er vorhin beim Transmitterdurchgang gesehen hatte. Das hatte doch überhaupt nicht gestimmt! Gerne hätte er Genaueres über dieses Ereignis gewusst … ach egal! Er hob das Glas und trank! Mochte ES damit zurechtkommen, er wollte jetzt feiern!

Endspiel

Langsam schloss sich die Raumkräuselung und die Verzerrung der Resonanzen im Hyperraum verebbte.

 

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